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Rechtliche Rahmenbedingungen – Staatliches Informationshandeln

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Intro

Wenn man jetzt die nationale Gesundheitsplattform als zentrale Drehscheibe versteht und bei diesem Projekt staatliche Akteure mitwirken sollen, müssen auch die für staatliche Akteure geltenden rechtlichen Voraussetzungen eingehalten werden.

Was ist staatliches Informationshandeln und was hat das mit der Idee einer nationalen Gesundheitsplattform zu tun?

Als staatliches Informationshandeln kann man erstmal jede Form der Kommunikation von Informationen durch staatliche Akteure betrachten. Das sind zum Beispiel die Aufklärung über bestimmte Sachverhalte wie bestimmte Krankheitsbilder oder auch die Empfehlung bestimmter Verhaltensweisen etwa 10.000 Schritte am Tag zu gehen, aber auch die Warnung vor bestimmten Produkten, etwa die Einnahme bestimmter Medizinprodukte. Und dabei ist es erstmal egal von welcher staatlichen Stelle die Information ausgeht, das heißt etwa von einem Bundesministerium oder von Landesparlamenten oder aber durch eine kommunale Einrichtung.

Warum unterliegt staatliches Informationshandeln besonderen rechtlichen Anforderungen?

Staatliches Informationshandeln unterliegt deshalb besonderen rechtlichen Anforderungen, weil staatliche Stellen in der Regel bei ihrer Informationstätigkeit auf ganz andere Ressourcen zurückgreifen können als privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen dies können. Insbesondere genießen staatliche Stellen bei ihrer Informationstätigkeit in der Regel eine große öffentliche Aufmerksamkeit und auch eine gewisse Autorität beziehungsweise das Vertrauen von Patientinnen.

Das bedeutet konkret, dass wenn etwa ein Bundesministerium vor dem Einsatz eines Medizinproduktes warnt, dies faktisch oftmals dem Verbot des Produktes gleich kommt, denn Bürgerinnen werden dies in der Zukunft voraussichtlich nicht mehr kaufen, wenn vor dem Produkt gewarnt wurde durch staatliche Stellen. Dies bedeutet, staatliches Informationshandeln kann faktisch extreme Einflüsse auf Marktgeschehnisse nehmen. Insbesondere kann staatliches Informationshandeln damit das Grundrecht auf Berufsfreiheit anderer Anbieter digitaler Gesundheitsangebote beeinflussen.

Welche Empfehlungen lassen sich daraus für die Trägerschaft einer nationalen Plattform ableiten?

Wenn und soweit staatliche Akteure an der nationalen Gesundheitsplattform partizipieren sollen, sind natürlich auch die für diese Stellen geltenden rechtlichen Anforderungen einzuhalten. Diese sind verhältnismäßig hoch. In der Regel wird es hierfür einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Selbst wenn Produktwarnungen gar nicht im Fokus des Projektes stehen, liegt es nahe, dass die Grundrechte von Anbietern digitaler Gesundheitsangebote durch ein solches Vorhaben beeinträchtigt werden könnten.

Dies legt eine staatsferne Trägerschaft für die nationale Gesundheitsplattform nahe, beziehungsweise ein strukturoffenes Trägermodell in zivilgesellschaftlicher Verantwortung. Und dabei wäre nicht mal eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln ausgeschlossen, denn eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln bedeutet nicht zwangsläufig, dass auch das gewählte Trägermodell ein öffentlich-rechtliches sein muss.

Disclaimer

Die in dem Interview getroffenen Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die Rechtslage in Deutschland. Sie stellen einen Leitfaden und gerade keine individuelle Rechtsberatung dar, die über das Projekt Trusted Health Ecosystems hinausgeht.

Inhalt

Expertin

Prof. Dr. Laura Schulte arbeitete während ihrer Promotion an einem Lehrstuhl für Verfassungsrecht als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie promovierte zu einem datenschutzrechtlichen Thema und forschte hierzu unter anderem auch an der Queen Mary School of Law in London. Von 2020 bis 2023 war sie als Rechtsanwältin in der Kanzlei BRANDI-Rechtsanwälte am Standort Bielefeld und dort im Fachbereich IT- und Datenschutzrecht tätig. Seit August 2023 ist sie Professorin für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Bielefeld.

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Trägerschaft: Staatlich oder privat organisiert?

Für eine nationale Gesundheitsplattform ist es essenziell, eine rechtliche Struktur zu finden, die den daran geknüpften Anforderungen gerecht wird und die Zwecke des umgebenden Ökosystems bestmöglich unterstützt. Hinsichtlich der Trägerschaft des Ökosystems stehen grundsätzlich unterschiedliche Optionen zur Verfügung, die wiederum verschiedene Vor- und Nachteile bergen. So stellt sich zunächst die Frage, ob es sich beim Plattformbetreiber um eine staatliche Institution oder einen privatwirtschaftlichen Akteur handeln sollte. 

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    Die Rolle nationaler Gesundheitssysteme in Zeiten der digitalen Transformation​

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    Intro

    Die Digitalisierung schafft wesentliche Voraussetzungen für effiziente, leistungsfähige Gesundheitssysteme. Die Aufgabe einer nationalen Gesundheitsplattform ist es, Spielregeln für diesen Prozess festzulegen.

    Kann die Digitalisierung im Gesundheitsbereich nationale Gesundheitssysteme verbessern, und welche Funktion können digitale Ökosysteme dabei übernehmen?

    Die WHO setzt hohe Erwartungen in die Digitalisierung als Katalysator, der dazu beitragen wird, Gesundheitssysteme zu stärken. Viele Gesundheitssysteme stehen vor der Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen ehrgeizige Ziele zu erreichen. Und ohne Werkzeuge wie digitale Plattformen, die die Verteilung dieser begrenzten Mittel optimieren und dafür sorgen, dass Dienstleistungen diejenigen rechtzeitig erreichen, die sie am meisten brauchen, werden Ressourcen verschwendet. Deshalb ist die Digitalisierung ein Schlüssel für die Entwicklung effizienter, leistungsfähiger Gesundheitssysteme.

    Wie sollten nationale Gesundheitssysteme die digitale Transformation gestalten?

    Es kommt entscheidend darauf an, dass die digitale Transformation nicht chaotisch verläuft. Während der vergangenen beiden Jahrzehnte wurden Milliarden Dollar unkoordiniert ausgegeben und erzielten deshalb weder die erhoffte Wirkung noch die gewünschte Reichweite. Nationale Gesundheitssysteme und Regierungen brauchen daher klare Zielvorstellungen für ihre Länder und Modelle oder Pläne dafür, wie die Transformation geschehen soll. Existiert ein solcher Plan, eine Struktur, dann gibt es auch Spielräume für viele Akteure, die dazu beitragen können, die Ziele zu erreichen.

    Wie bedeutsam sind Qualität, Wahrheit und Vertrauen bei der Entwicklung digitaler Gesundheitslandschaften?

    Das sind drei sehr wichtige Worte, Qualität, Wahrheit und Vertrauen. Qualität bedeutet, dass der Inhalt und die grundlegenden Standards dieser Systeme allerhöchsten Kriterien genügen. Dies zu gewährleisten ist Aufgabe von Organisation wie der Weltgesundheitsorganisation. Wahrheit und Vertrauen wurden im Verlauf der letzten zehn Jahre untergraben, weil Fehlinformationen, absichtliche Desinformation, Fake News u.ä. sich verbreitet haben. Deshalb kommt es ganz wesentlich darauf an, dass wir Werkzeuge wie die Digitalisierung der Gesundheitssysteme einsetzen, um den Zugang zu wahrer, vertrauenswürdiger Information zu sichern, von der die Menschen bei Entscheidungen in Gesundheitsfragen ausgehen können.

    Wie können nationale Gesundheitssysteme Datenmonopole und den Verlust der Kontrolle verhindern?

    Die nationalen Gesundheitssysteme und Regierungen tragen in hohem Maß Verantwortung dafür, die Datenhoheit und Privatsphäre der Menschen zu schützen. Die Datenhoheit und die Entscheidungen über die Datennutzung müssen immer in der Hand des Individuums bleiben, von dem die Daten stammen. In großen Systemen ist es jedoch wichtig, dass die Regierungen Regeln vorgeben und die Grenzen abstecken, innerhalb derer der Tech-Sektor und andere Partner aus der Industrie und dem Privatsektor so agieren können, dass sie die Ziele des öffentlichen Gesundheitssystems unterstützen.

    Welche Aufgaben könnte eine nationale Gesundheitsplattform in der personalisierten und am Menschen orientierten Gesundheitsversorgung der Zukunft übernehmen?

    Eine nationale Gesundheitsplattform legt die Spielregeln fest. Sie steckt die Grenzen ab, schafft Leitplanken, innerhalb derer all die verschiedenen Akteure zusammenwirken können. Indem wir eine Vision, eine Struktur und Standards vorgeben, schaffen wir die Grundlage für viele verschiedene Lösungen und Innovationen, die nicht als einzelne Neuerungen, sondern erst als Teil eines Systems ihre volle Wirkung entfalten. Und wir sorgen dafür, dass der Patient, das Individuum, immer im Mittelpunkt all der verschiedenen Bestrebungen steht.

    Inhalt

    Dr. Alain Labrique ist Direktor des Departments für Digitale Gesundheit und Innovation bei der Weltgesundheitsorganisation. Er ist der Gründungsdirektor der Global mHealth Initiative der Johns Hopkins University und Chefredakteur des Oxford Open Digital Health Journals. Bis September 2022 war der Epidemiologe für Infektionskrankheiten und Bevölkerungswissenschaftler Professor an der Bloomberg School of Public Health der Johns Hopkins University. Labrique war federführender Autor der Bellagio Declaration on mHealth Evidence von 2012 und hat über 150 Veröffentlichungen in hochrangigen Fachzeitschriften sowie viele Buchkapitel und technische Berichte zu Digitaler Gesundheit verfasst.

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      Internationale Plattform-Lösungen – Was können wir von ihnen lernen?

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      Wie schaffen wir Ökosysteme, die die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erhöhen? Wie schaffen wir Ökosysteme, die Prävention erleichtern?

      Wie entsteht Vertrauen in eine digitale Plattform?

      Aus meiner Sicht ist es wichtig, auch zu sagen, was macht man denn, um Vertrauen herzustellen und zu schaffen. Da denke ich, sind zwei Ansätze wichtig. Das eine ist Klarheit. Was ist denn der Zweck für Bürgerinnen und Bürger? Und zum anderen Transparenz zu schaffen.

      Ein schönes Beispiel aus meiner Sicht ist Estland. Die haben gesetzlich geregelt der Zweck, zu dem bestimmte Gesundheitsbedienstete auf Gesundheitsdaten zugreifen dürfen und wann das erlaubt ist und wann das nicht erlaubt ist. Und zum zweiten haben sie Transparenz geschaffen, indem Bürgerinnen und Bürger über das estnische Gesundheits- und Bürgerportal sich einloggen können, um zu sehen, wer auf welche Daten zugegriffen hat.

      Was braucht es noch, um eine Gesundheitsplattform attraktiv zu machen?

      Der Nutzen ist das zentrale Element. Und bei Gesundheitsplattformen und Gesundheitsökosystemen geht es oft darum, Services zu schaffen, die sowohl bei Patientinnen und Patienten und Bürgern einen Mehrwert schaffen, als auch bei den Leistungserbringern im Gesundheitswesen, sei es Krankenschwestern, Pfleger, Ärzte und Ärztinnen etc.

      Oft sind diese Services auch miteinander verknüpft, dass dann ein Service sowohl für die Bürger da ist und in dem Service sind dann auch Leistungsbringer mit dabei. Deswegen ist es zentral nutzerzentriert, diese Services zu entwickeln und diese Nutzer und Stakeholder von Anfang an einzubinden, dass man dann idealerweise einen Service schafft, der auf der einen Seite einen Nutzen für idealerweise mehrere Stakeholder hat und auf der anderen Seite auch effektiv und effizient funktioniert für die, die dann den Service erbringen müssen.

      Ein schönes Beispiel in der Hinsicht ist Dänemark. Die arbeiten sehr stark mit Nutzerpaneln und Nutzerinterviews und Surveys und der Ko-Kreation von Services mit Bürgern und Leistungserbringern zusammen, um dann am Endeffekt Service zu haben, die den Wert oder den Mehrwert für die Stakeholder haben, aber auf der anderen Seite auch effektiv und effizient gemanagt werden können, damit dann auch die Nutzerzahlen hochgehen können.

      Welche Ziele sollte eine nationale Gesundheitsplattform verfolgen?

      Die Ambition könnte sein, wie schaffen wir Ökosysteme, die die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erhöhen? Wie schaffen wir Ökosysteme, die Prävention erleichtern? Wie schaffen wir Ökosysteme, die es den Betroffenen erlauben, mit chronischen Krankheiten besser umzugehen? Und idealerweise auch, wie schaffen wir Ökosysteme, die es den Leistungserbringern und -erbringerinnen im Gesundheitswesen schaffen, mehr Zeit mit Patienten zu verbringen, weniger Zeit mit der Verwaltung? Ein wichtiges Konzept könnte das sein, offene Ökosysteme zu schaffen, indem dann in einem Ökosystem Drittanbieter ihre Services anbieten können, die dann bestimmte Qualitäts- und Transparenz- und Sicherheitskriterien erfüllen.

      In Israel hat man so ein offenes Ökosystem geschaffen. Das sind zwei interessante Bereiche. Der eine Bereich ist Gesundheitsdatenaustausch, dass dann Arzt 2 weiß, was Arzt 1 mit Patient 3 vorher gemacht hat und dadurch bessere Behandlungen und bessere Behandlungsentscheidungen treffen kann. Das andere interessante Konzept ist das Thema Drittanbieter in einem Ökosystem, wo dann zum Beispiel Start-ups oder allgemein Gesundheitsfirmen solche Services in einem Ökosystem anbieten können. Und aus Sicht eines Landes kann das dann nochmal einen richtigen Innovationsschub schaffen, indem man die Innovationskraft der Gesundheitsfirmen bündelt, ein Stück weit auch eine Plattform schafft und für die Bürger einfach zugänglich macht.

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      Experte

      Dr. Tobias Silberzahn ist Biochemiker und arbeitet als Partner im Berliner Büro von McKinsey. In seiner Arbeit dreht sich alles um das Thema Gesundheitsinnovation und „Health Tech Business-Building“. Zusätzlich leitet Tobias Silberzahn das globale Health Tech Network, ein Netzwerk von über 1.800 CEOs/Gründern digitaler Gesundheitsfirmen, 250 Investoren und 300 Corporates, und ist Mitherausgeber des jährlichen „eHealth Monitors“, einem Buch zur Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems im MWV-Verlag. Innerhalb von McKinsey leitet Tobias Silberzahn ein präventives Gesundheitsprogramm, das die Themen Schlaf, Ernährung, Fitness und Stressmanagement abdeckt.

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      Gesundheitsökosysteme erfolgreich etablieren – Vorbilder aus dem Ausland

      Ein Gesundheitsökosystem, wie es im Projekt „Trusted Health Ecosystems“ angestrebt wird, muss vielfältige Anforderungen erfüllen, wenn es Mehrwert im Gesundheitsbereich stiften will. Internationale Vorbilder zeigen: Ein erfolgreiches Betriebsmodell kombiniert die aktive Einbindung und Orchestrierung teilnehmender Akteure mit gemeinsamen technischen Standards. Digitale Ökosysteme haben in verschiedenen Industrien traditionelle Geschäftsmodelle verändert und dabei Wert für Kunden und Marktteilnehmer geschaffen. So vernetzen z. B.

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      In Nutzen investieren: Finanzierungsmodelle für Gesundheitsökosysteme

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        Desinformation im Gesundheitswesen – mit Plattformen gegen die Infodemie

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        Intro

        Wie können wir die guten Informationen von den schlechten besser unterscheiden? Also da gibt es eine ganze große Breite an Dingen, die Plattformen machen können, um den Menschen ein bisschen die Arbeit abzunehmen.

        Woher stammen Fehl- und Falschinformationen zu Gesundheitsthemen?

        Desinformationen kommen aus sehr, sehr vielen verschiedenen Quellen. Wenn wir zurückdenken an die Pandemie, dann hat die WHO neben der Pandemie, also neben der Gesundheitskrise, auch die Infodemie ausgerufen. Das heißt, neben Corona hatten wir auch eine Informationskrise.

        Und wir erinnern uns zum Beispiel daran, dass einige Desinformationen direkt aus dem Weißen Haus zu uns kamen, wenn Donald Trump uns damals empfohlen hat, Bleichmittel gegen Corona zu trinken. Das Gleiche gab es in Brasilien mit Jair Bolsonaro. Also es gibt teilweise Regierungen, die Desinformationen verbreiten.

        Aber nicht nur. Die können aus Social Media kommen, von Menschen, die uninformiert sind, aber trotzdem ihre Meinung weiterverbreiten. Die können aus WhatsApp-Kanälen von der Familie kommen. Und sie können auch aus dem Journalismus kommen, wenn in einigen Redaktionen vielleicht nicht genügend Journalistinnen und Journalisten arbeiten, die eine Gesundheitskompetenz haben oder wo eine Wissenschaftsredaktion existiert, die eben mit klinischen Studien arbeiten kann und die eben verständlich rüberbringen kann.

        Insofern hatten wir viel Verunsicherung, gerade während der Pandemie, gerade auch in Deutschland, wenn wir uns zum Beispiel an AstraZeneca und die Debatte zum Impfstoff erinnern. Und das sorgt eben dafür, dass Bevölkerungen unter Umständen verunsichert sind und nicht gut informiert sind. Und das kann man sehr gut international sich anschauen und schauen, welche Länder waren sehr gut informiert wo gab es wenig Desinformation und wo gab es vielleicht besonders viele Desinformationen. Und welche Kriterien sorgen eben dafür, dass Kommunikationsräume stark mit Desinformationen angereichert sind oder eben vertrauenswürdige Informationen sich von A nach B verbreiten.

        Wie kann das Gesundheitssystem Desinformation effektiv begegnen?

        Ui, wo soll ich anfangen? Die Schwierigkeit beim Thema Desinformation ist, dass es ein sehr holistisches Thema ist. Das heißt, ich muss an vielen Ecken und Enden gleichzeitig ansetzen. Ich mache mal ein Beispiel. Facebook-Timeline. Ich bin jetzt auf meiner Facebook-Timeline unterwegs. Das heißt, zwei wichtige Faktoren bestimmen, ob ich einen guten Informationsraum oder einen schlechten Informationsraum habe. Und die beiden Faktoren sind einerseits der Algorithmus der Plattform und die Frage, wie funktionieren diese Algorithmen, welche Inhalte werden nach oben gespült, welche werden vielleicht besonders gefördert oder eben nach unten gerankt.

        Und die andere Seite bin ich, der Nutzer, der vor dem Bildschirm sitzt und entscheiden muss, welchen Kanälen folgt der überhaupt. Und diese beiden Parameter sind schon mal zwei sehr wichtige Parameter. Und wir wissen, dass es weder um die Algorithmen der Plattform sonderlich gut bestellt ist, noch um die Informationskompetenz der Nutzerinnen und Nutzer. Das Ganze kann aber nur funktionieren, wenn wir zum Beispiel mehr Regulierung haben, sinnvolle Vorgaben, in welchen Rahmenbedingungen diese Algorithmen überhaupt agieren dürfen.

        Wir haben am Ende eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wo eigentlich alle Teile der Gesellschaft ihren Teil dazu beitragen müssen, dass wir ein besseres und resilienteres Informationsökosystem haben. Das betrifft dann eben auch den Gesundheitssektor und die Akteure, die dort darin kommunizieren. Und die Frage, sind sie geschult genug, in Social Media beispielsweise Gesundheitsinformationen zu verbreiten? Welche Akteure spielen da vielleicht noch eine Rolle, die eher Desinformationen verbreiten? Also welche Gruppierungen gibt es, die vielleicht aus alternativ-medizinischen Teilen kommen, die dort aber eine wichtige Rolle spielen in der Verbreitung? Insofern gibt es sehr, sehr viele Dinge, die gleichzeitig passieren müssen, damit das Informationsumfeld besser wird.

        Inhalt

        Experte

        Alexander Sängerlaub ist Direktor und Co-Gründer von futur eins. Er beschäftigt sich holistisch mit digitalen Öffentlichkeiten und der Frage, wie die Utopie einer informierten Gesellschaft erreicht werden kann. Zuvor baute er im Berliner Think Tank Stiftung Neue Verantwortung den Bereich “Stärkung digitaler Öffentlichkeit” mit auf und leitete dort Projekte zu Desinformation (“Fake News”), Fact-Checking und digitaler Nachrichtenkompetenz. Er studierte Publizistik, Psychologie und Politische Kommunikation an der Freien Universität in Berlin.

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          Digitale Ökosysteme – Was sind die Erfolgsfaktoren?

          Transkript

          Intro

          Nur durch eine riesige Anzahl von Teilnehmenden im Ökosystem wird das Ökosystem tatsächlich so richtig attraktiv.

          Was macht digitale Ökosysteme erfolgreich?

          Die Erzeugung von Nutzen, Anreizen und Motivation ist gerade bei digitalen Ökosystemen besonders wichtig, weil die im Gegensatz zu klassischen Geschäftsmodellen auf mehrseitigen Märkten sich berufen. Und mehrseitige Märkte kennt man beispielsweise von Airbnb. Da haben wir natürlich Airbnb, das Unternehmen, aber wir haben auf der einen Seite eben diejenigen, die das anbieten, also private Übernachtungsmöglichkeiten-Anbieter und wir haben auf der anderen Seite diejenigen, die Konsumenten, die das dann nutzen, also Reisende, die dann diese Übernachtung auch nutzen.

          Aber alle nehmen freiwillig an diesem Ökosystem teil. Niemand ist gezwungen. Und deswegen muss man natürlich Anreize schaffen, damit möglichst viele an diesem Ökosystem teilnehmen. Denn nur mit einer riesigen Anzahl von Teilnehmenden wird das Ökosystem auch tatsächlich so richtig attraktiv.

          Könnten Akteure per Gesetz zur Teilnahme verpflichtet werden?

          Bestimmte Akteure zur Teilnahme am digitalen Ökosystem zu zwingen, ist auf gar keinen Fall eine gute Idee. Denn wenn man gezwungen wird zu einer Teilnahme, und das gilt genauso für andere Geschäftsmodelle auch, dann wird man immer Mittel und Wege finden, wie man nicht so richtig teilnimmt und im schlimmsten Fall damit sogar den Betrieb des digitalen Ökosystems stört.

          Alle erfolgreichen digitalen Ökosysteme haben genügend Anreize geschaffen, dass die Teilnehmenden dort freiwillig dabei sind. Und nur wenn die dort auch freiwillig dabei sind und selbst quasi eben genug davon haben, daran teilzunehmen, dann kann auch tatsächlich das Ökosystem von deren Teilnahme profitieren.

          Wie lassen sich unterschiedliche Interessen aller Beteiligten zusammenbringen?

          Die nationale Gesundheitsplattform dient vor allem Patientinnen und Patienten. Aber natürlich profitiert sie auch von der Teilnahme von anderen Gruppen. Und da ist es ganz klar, dass es immer mal wieder zu Interessenskonflikten kommt. Deswegen ist die Auflösung dieser Interessenskonflikte zwischen all diesen Teilnehmergruppen ein absolut wichtiger Bestandteil bei der ganzheitlichen Gestaltung eines digitalen Ökosystems und so auch von der nationalen Gesundheitsplattform. Nur so kann man sicherstellen, dass auch tatsächlich die Ziele für die Patientinnen und Patienten erfüllt werden, aber auch die Interessen der anderen Teilnehmergruppen gewahrt bleiben.

          Wie könnte ein ganzheitlicher Gestaltungsprozess aussehen?

          Die ganzheitliche Gestaltung von digitalen Ökosystemen bedeutet, dass man die Konsequenzen jeder einzelnen Entscheidung im Gestaltungsprozess auf alle Teilnehmergruppen untersucht. Und das immer aus drei Perspektiven. Welche Konsequenzen gibt es aus der Businessperspektive? Welche Konsequenzen gibt es aus der technischen Perspektive? Und welche Konsequenzen gibt es aus der rechtlichen Perspektive?

          Das kann aber nur gelingen, wenn wir Vertreterinnen oder Vertreter aus allen Teilnehmergruppen kontinuierlich und von Anfang an im Prozess mit dabei haben. Damit wir gut mit denen kommunizieren können, nutzen wir konkrete Szenarien, Prototypen, Beispiele. Und damit wir immer die richtige Sprache finden, um mit dieser Zielgruppe eben zu sprechen. Die Kunst besteht aber darin, diese Gestaltung des Gesamtsystems auf verschiedensten Abstraktionsebenen zu kontrollieren und aber trotzdem jederzeit ein Gesamtbild zu erzeugen, das wir mit allen Teilnehmergruppen kommunizieren können.

          Inhalt

          Experte

          Dr. Marcus Trapp ist Co-Founder von Full Flamingo. Gemeinsam mit seinen Partnern hilft er Unternehmen pragmatisch, die wichtigen Entscheidungen in der digitalen Transformation abzusichern. Bis 2022 Führungskraft am Fraunhofer IESE, hat Marcus Trapp das Thema „Digitale Ökosysteme und Plattformökonomie“ mit aufgebaut und verantwortet.

           

           

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            Digitale Ökosysteme – Chance für das Gesundheitswesen

            Transkript

            Intro

            Es bestehen die Risiken, dass internationale Player eine Dominanz im deutschen und europäischen Markt erlangen.

            Gerade im Gesundheitswesen wäre es aber besonders wichtig, dass wir ein digitales Ökosystem aufbauen, das auf dem europäischen Wertesystem basiert.

            Welche Chancen bietet eine nationale Gesundheitsplattform?

            Ich glaube schon, dass wir eine nationale Gesundheitsplattform haben sollten, weil wer schon mal Informationen im Internet gesucht hat, verlässliche Gesundheitsinformationen, der weiß, dass das gar nicht so leicht ist.

            Alle, die schon mal Gesundheitsdienstleistungen auch digital versucht haben in Anspruch zu nehmen, wissen, dass das nicht problemlos, einfach, direkt und schnell möglich ist. Und hier sind wir überzeugt, dass ein digitales Ökosystem, was eben genau diese Möglichkeiten der besseren Vermittlung, der schnelleren Abwicklung, die das zusammenbringt und ins Gesundheitswesen hier überträgt.

            Aktuell gibt es ein solches digitales Ökosystem nicht. Wir haben hier also die einmalige Chance, eine Vorreiterposition einzunehmen, die weit über Deutschland hinaus tragen kann. Und wir haben außerdem die Chance hier, ein positives Beispiel zu setzen für ein staatlich initiiertes digitales Ökosystem, das es so in der Art noch nicht gegeben hat.

            Was wäre, wenn unsere Gesundheitssysteme nicht aktiv werden?

            Wenn die nationalen Gesundheitssysteme hier nicht aktiv werden, haben wir definitiv eine große Chance vertan, weil im Gesundheitswesen eben gerade noch dieser etablierte Player nicht da ist und damit hier die Möglichkeit noch besteht, das Ganze nach dem europäischen Wertesystem zu gestalten. Was natürlich trotzdem passieren wird, davon ist ganz stark auszugehen, dass die Tech-Giganten auch in dieses Feld entsprechend vordrängen. Weil es ein sehr lukratives Feld ist und was für sie auch sehr spannend ist.

            Es reicht nicht, ein digitales Ökosystem zu etablieren, das die geforderte Funktionalität prinzipiell und irgendwie zur Verfügung stellt. Sondern wenn wir konkurrenzfähig sein wollen, dann müssen wir ein digitales Ökosystem aufbauen, das einfach zu benutzen ist, das natürlich auch nützlich ist und das man schnell und komfortabel benutzen kann. Denn nur so sind wir konkurrenzfähig und können uns gegenüber den internationalen Tech-Giganten behaupten und ihnen nicht wieder das Feld überlassen.

            Wie haben Sie die Vision einer konkurrenzfähigen Plattform konzipiert?

            Bei der Gestaltung der nationalen Gesundheitsplattform haben wir unser bewährtes Ökosystem-Vorgehen eingesetzt. Zusammen mit einem Team der Bertelsmann Stiftung haben wir den ganz konkreten Kern unseres hier zu konzipierenden Ökosystems herausgearbeitet. Und dieser Kern ist die Vermittlung von verlässlichen Gesundheitsinformationen.

            Diese Vermittlung von verlässlichen Gesundheitsinformationen haben wir anhand eines ganz konkreten nachvollziehbaren Szenarios durchgespielt und mit vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus unterschiedlichsten Gruppen evaluiert, kontinuierlich, dabei natürlich immer wieder angepasst und in Formen gebracht, die wir eben gut mit diesen Gruppen diskutieren konnten. Dabei haben wir eines der größten Probleme, das wir an anderen Stellen oft beobachten, direkt vermieden, nämlich sich in einer abstrakten Wohlfühlvision mit scheinbar unendlichen Möglichkeiten und ohne Probleme zu verlieren.

            Warum haben Sie diese konkreten Szenarios mit Spielzeug nachgestellt?

            Ja, wir haben tatsächlich mit Playmobil-Autos und Playmobil-Figuren gearbeitet. Wir haben dabei die am Fraunhofer IESE entwickelte Tangible Ecosystem Design, kurz TED-Methode eingesetzt.

            Und das heißt, wir haben mit der Ökosystem-Methode, mit der TED-Methode hier, wirklich das gesamte Ökosystem modelliert und haben damit Rollen im Ökosystem, Interaktionen und Beziehungen herausgearbeitet.

            Was macht die Gestaltung einer Gesundheitsplattform besonders?

            Ja, bei der Gestaltung der nationalen Gesundheitsplattform sind uns tatsächlich Unterschiede aufgefallen, die im Vergleich zu anderen Ökosystemen existieren, die wir in anderen Wirtschaftssektoren begleitet haben. Also erstens mal ist natürlich da die intendierte Zielgruppe der Patientinnen und Patienten, die ist maximal groß. Gesundheit ist für alle Menschen wichtig. Aber auch die Anzahl der Teilnehmergruppen ist signifikant höher, als wir das bei anderen Ökosystemen beobachten.

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            Experten

            Dr. Matthias Naab und Dr. Marcus Trapp sind Co-Founder von Full Flamingo. Sie helfen Unternehmen pragmatisch, die wichtigen Entscheidungen in der digitalen Transformation abzusichern. Sie waren bis 2022 am Fraunhofer IESE als Führungskräfte tätig und haben das Thema „Digitale Ökosysteme und Plattformökonomie“ mit aufgebaut und verantwortet.

             

             

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              Nationale Gesundheitsplattform – Redaktionelle Erstellung von Inhalten

              Transkript

              Intro

              Es sollte also bei der nationalen Gesundheitsplattform nicht darum gehen, ein Konkurrenzangebot zu bereits bestehenden Informationsangeboten, sondern einen Mehrwert zu schaffen.

              Wer trägt die Verantwortung für die Inhalte einer nationalen Gesundheitsplattform?

              Bei der Frage nach der Verantwortung für die Inhalte einer nationalen Gesundheitsplattform kommt es im Wesentlichen darauf an, über welche Inhalte man spricht. Für eigene Inhalte übernimmt der Portalbetreiber zunächst einmal die Verantwortung. Bei fremden Inhalten kann eine Verantwortung dann bestehen, wenn sich der Portalbetreiber diese zu eigen macht. Etwa dann, wenn er diese vorab prüft oder anders zum Ausdruck bringt, dass er die Verantwortung für diese übernehmen möchte.

              Übernimmt eine andere Stelle die Vorabprüfung der Informationen, also eine Stelle, die nicht der Portalbetreiber ist, kann diese rechtliche Bewertung auch anders ausfallen. Dann besteht aber auch noch selbst bei fremden Inhalten die Möglichkeit, dass der Portalbetreiber in Anspruch genommen wird, beziehungsweise insoweit Verantwortung trägt. Dies bedeutet, der Portalbetreiber muss hier einen Mechanismus etablieren, damit Nutzerinnen falsche beziehungsweise rechtswidrige Informationen melden können.

              Wie ist die Erstellung eigener Inhalte unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu bewerten?

              Unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten ist die Erstellung eigener Inhalte einer nationalen Gesundheitsplattform schwierig zu bewerten. Jedenfalls dann, wenn staatliche Akteure an dieser Plattform mitwirken. Im Grundsatz sollen staatliche Angebote nur dort geschaffen werden, wo eine Art von Marktversagen stattfindet. Das heißt, entweder nicht hinreichend Informationen kommuniziert werden oder nicht hinreichend transparent Informationen im Gesundheitsbereich transportiert werden.

              Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass Anbieter von digitalen Gesundheitsangeboten ganz gut in der Lage sind, hier die Nachfrage zu befriedigen. Es sollte also bei der nationalen Gesundheitsplattform nicht darum gehen, ein Konkurrenzangebot zu bereits bestehenden Informationsangeboten in Online-Kontexten zu schaffen, sondern einen Mehrwert zu schaffen. Und das nicht nur für die Nutzerinnen und Nutzer, sondern eben auch für die Anbieter von digitalen Informationsangeboten im Gesundheitsbereich.

              Welche Empfehlungen lassen sich daraus für die Content-Strategie der Plattform ableiten?

              Hinsichtlich der Content-Strategie der nationalen Gesundheitsplattform wäre dabei zu berücksichtigen, dass die Erstellung von eigenen beziehungsweise zu eigen gemachten Inhalten und deren Verbreitung unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten nur schwer zu rechtfertigen ist. Jedenfalls, wenn und soweit staatliche Stellen an dem Vorhaben beteiligt werden. Vorzugswürdig erscheint hier eher die Verbreitung von Fremdinhalten, also solcher Inhalte, die durch zivilgesellschaftliche beziehungsweise privatwirtschaftlich organisierte Akteure erstellt werden. Die Anbieter solcher Informationsangebote sollten fairen und transparenten Zugang zu dem Portal erhalten.

              Disclaimer

              Die in dem Interview getroffenen Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die Rechtslage in Deutschland. Sie stellen einen Leitfaden und gerade keine individuelle Rechtsberatung dar, die über das Projekt Trusted Health Ecosystems hinausgeht.

              Inhalt

              Expertin

              Prof. Dr. Laura Schulte arbeitete während ihrer Promotion an einem Lehrstuhl für Verfassungsrecht als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie promovierte zu einem datenschutzrechtlichen Thema und forschte hierzu unter anderem auch an der Queen Mary School of Law in London. Von 2020 bis 2023 war sie als Rechtsanwältin in der Kanzlei BRANDI-Rechtsanwälte am Standort Bielefeld und dort im Fachbereich IT- und Datenschutzrecht tätig. Seit August 2023 ist sie Professorin für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Bielefeld.

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                Vertrauen in digitale Systeme

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                Hinter unserer Vision einer nationalen Gesundheitsplattform steht ein übergeordneter Wert: Vertrauen. Datenmissbrauch, intransparente Algorithmen, die Zunahme von Cyberangriffen, Desinformation und die ungeklärte Frage, wie digitale Welten reguliert und kontrolliert werden sollten, lassen eine tiefgreifende Vertrauenskrise entstehen, die das Fundament unserer Gesellschaft in vielen Lebensbereichen erschüttert. Das Vertrauen in digitale Ökosysteme spielt jedoch eine entscheidende Rolle für deren erfolgreiche Gestaltung und langfristige Existenz. Das gilt auch und insbesondere für das Gesundheitswesen.

                Vertrauen ist die Grundlage, auf der sämtliche Interaktionen und Transaktionen innerhalb eines digitalen Ökosystems basieren. Menschen müssen darauf vertrauen können, dass ihre persönlichen Daten sicher sind, dass Informationen verlässlich sind und dass ihre Interessen respektiert werden. Aber wie kann dieses Vertrauen entstehen? Die Antwort lässt sich aus den Risiken ableiten, denen Nutzerinnen und Nutzer digitaler Plattformen ausgesetzt sind: Neben dem Risiko eines Datenmissbrauchs durch Plattformbetreiber drohen Hackerangriffe auf personenbezogene Daten, Diskriminierung und Manipulation durch intransparente algorithmische Systeme oder unfaire Geschäftspraktiken. Entsprechend ergibt sich ein Kanon vertrauensbildender Faktoren, die für den Aufbau einer nationalen Gesundheitsplattform zu berücksichtigen sind:

                • Die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen und rechtlichen Standards ist ein nicht verhandelbarer Aspekt. Der Schutz der Privatsphäre und die Einhaltung geltender Gesetze sind unabdingbar, um das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen und zu bewahren.
                • Digitale Plattformen müssen robuste Sicherheitsmaßnahmen implementieren, um vor Bedrohungen wie Cyberangriffen und Datenlecks bestmöglich geschützt zu sein. Zudem sollten Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Sicherheitseinstellungen anzupassen.
                • Informationen und Dienste sollten hohen Ansprüchen an Qualität und Verlässlichkeit gerecht werden. Dazu gehört auch die Einbindung von Patientenorganisationen sowie Expertinnen und Experten in die Entwicklung und Überwachung der Plattform (vgl. InfoCure: Qualität sichtbar machen).
                • Fairness gegenüber allen Nutzerinnen und Nutzern liefert die Basis für jede einzelne Interaktion. Plattformbetreiber müssen sicherstellen, dass ihre digitalen Systeme fair, gerecht und diskriminierungsfrei sind, um Vertrauen zu gewinnen und langfristig zu erhalten.
                • Transparenz ist ein weiterer zentraler Faktor: Nutzerinnen und Nutzer müssen nachvollziehen können, wie ihre Daten gesammelt, verarbeitet und genutzt werden. Das gilt auch für den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen.
                • Neben technischen und rechtlichen Aspekten spielt die Kommunikation eine zentrale Rolle. Durch Aufklärung über Datenschutz und Sicherheit können Menschen besser verstehen, welche Risiken und Chancen die Nutzung digitaler Plattformen mit sich bringt, und sie sind eher bereit, Vertrauen in diese Systeme zu setzen.
                • Die Partizipation von Nutzerinnen und Nutzern im Entwicklungsprozess kann ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten, das Vertrauen in eine nationale Gesundheitsplattform zu stärken. Werden verschiedene Zielgruppen und Perspektiven in den Entwicklungsprozess einbezogen, fördert dies zudem die Diversität und Inklusion im digitalen Ökosystem.

                In Zeiten von Desinformation und Verschwörungsmythen brauchen wir digitale Vertrauensräume, in denen wir verlässliche Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen erhalten, und wo Datensouveränität respektiert sowie Transparenz gelebt wird. Vertrauen in digitale Systeme entsteht erst im Zusammenspiel vieler unterschiedlicher Schlüsselfaktoren, die eine nationale Gesundheitsplattform maßgeblich prägen sollten. Alle beteiligten Akteure des Ökosystems müssten gemeinsam daran arbeiten, diese Grundlagen zu stärken und die Plattform so zu einem „vertrauenswürdigen Ort“ zu machen.

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                  Desinformation im Gesundheitswesen: Schöne neue Kommunikationswelt

                  Transkript

                  Intro

                  Alles ist eigentlich anders und das bedeutet, dass aber alle Gesellschaftsbereiche lernen und sich entwickeln müssen und adaptieren müssen zu dem, wie die technologischen Disruptionen eben diese neue Kommunikationswelt gestalten.

                  Wie schaffen es die Menschen, sich im digitalen Zeitalter gut zu informieren?

                  Die Digitalisierung hat einfach das Konzept, wie wir uns informieren und kommunizieren, vom Kopf auf die Füße gestellt. Die Gesellschaft kommt nicht so schnell voran. Ihr fehlen bisher die nötigen Informations- und Nachrichten- kompetenzen, um wirklich souverän diesen Umgang zu meistern.

                  Erstmal ist das ein Demokratisierungsprozess, weil viel mehr Menschen heute mitsprechen, mitreden, mitdiskutieren können und wollen, aber eben in dieser völligen Veränderung dieser Kommunikationslandschaft eben auch völlig neue Herausforderungen zu Tage kommen in Bezug auf Regulierung, in Bezug auf Verantwortung, in Bezug auf wen haben wir da überhaupt als Akteure gerade, als Akteure unterwegs.

                  Und das macht es eben gar nicht so einfach für uns als Gesellschaft, schnell genug zu reagieren, weil die technologische Disruption ist einfach gigantisch und sehr, sehr schnell. Also man kann gar nicht so schnell hinterher räumen heutzutage und gute Regulierung und Ansätze finden, wird sich eben diese Welt schon wieder verändert und jetzt neue Dinge wie KI, Chat GPT, Midjourney alle relevant werden.

                  Und das sorgt dafür, dass die Gesellschaft auch überfordert ist. Also fast alle Gesellschaftssysteme müssen sehr, sehr schnell lernen und adaptieren, ob das das Bildungssystem ist, ob das das politische System ist, ob das das Gesundheitssystem ist. Alle sind auf einmal Teil von dieser Form von Öffentlichkeit und müssen natürlich dort lernen, professionell zu kommunizieren und so die Menschen zu informieren, dass sie eben mitgenommen werden. Aber eben in dieser riesigen Informationsflut ist es gar nicht so einfach, wirklich zu navigieren und von A nach B zu finden, ohne irgendwie auf Werbung, Desinformation, Katzenvideos, was auch immer reinzufallen oder hängenzubleiben.

                  Können Plattformen mit Qualitätsmechanismen vor Desinformation schützen?

                  Die Plattformen können den wichtigsten Beitrag sogar mit leisten, die Menschen zu schützen vor Desinformation. Wenn wir uns an die Pandemie erinnern, gab es auf einmal völlig neue Informationsangebote von den verschiedenen Plattformen.

                  Bei Google, wenn ich Corona gegoogelt habe, kam auf einmal eine Seitenleiste, die mir ganz viele relevante Informationen zur Pandemie gegeben hat. Zum Beispiel, wie ist die Inzidenz in meinem Land oder wie viele Leute sind schon geimpft oder wo finde ich eben relevante Gesundheitsinformationen? Da hat Google einen guten Job gemacht, mich quasi an die Hand zu nehmen, wenn ich Informationen versuche zu googeln.

                  Andere Plattformen haben es anders gelöst, manchmal auch weniger gut. Zum Beispiel hat Instagram jeden Beitrag, der irgendwie das Wort Corona oder Covid-19 enthielt, geflaggt und gesagt “Achtung, hier geht es um Corona”. Andere Plattformen haben versucht, wie bei YouTube, besser zu kuratieren, was überhaupt angezeigt wird, wenn ich nach Suchbegriffen suche.

                  In dem Moment, wo die Plattform entscheidet, den Menschen zu helfen, in dem vielleicht bestimmte Inhalte kuratiert werden oder noch ein gesondertes Informationsangebot mitgegeben wird, um die Qualität einer Quelle einzuschätzen, ist das eine Riesenhilfe. Und das können Informationen über die Quelle sein, warum ist diese Quelle vertrauenswürdig oder weiterführende Informationen und Links. Und die Frage ist, wie viel Vertrauen geben die Menschen dieser Plattform, damit wir eben ein anderes Ergebnis haben.

                  Im Idealfall haben wir richtig viel gelernt aus der Pandemie und wissen ziemlich genau, wenn man jetzt zum Beispiel eine neue Plattform baut, wie man diese ganzen Fragen vorher mitdenken kann. Indem ich ein Qualitätssystem aufsetze, was vorher entscheidet, welche Quellen dürfen überhaupt mitmachen, wenn man so möchte. Und ich vorher ein Regelwerk mir überlege, was genau sagt, das sind Trusted Informations und das sind eben Desinformationen, die auf unserer Plattform nichts zu suchen haben.

                  Und da kann man, glaube ich, sehr viel von dem, was Google gemacht hat, wie YouTube Quellen markiert hat, wie andere Plattformen vielleicht weiterführende Links gegeben haben, lernen und mitnehmen, um eben dann in einem neuen Kommunikationsumfeld wirklich qualitativ hochwertige Informationen anbieten zu können.

                  Inhalt

                  Experte

                  Alexander Sängerlaub ist Direktor und Co-Gründer von futur eins. Er beschäftigt sich holistisch mit digitalen Öffentlichkeiten und der Frage, wie die Utopie einer informierten Gesellschaft erreicht werden kann. Zuvor baute er im Berliner Think Tank Stiftung Neue Verantwortung den Bereich “Stärkung digitaler Öffentlichkeit” mit auf und leitete dort Projekte zu Desinformation (“Fake News”), Fact-Checking und digitaler Nachrichtenkompetenz. Er studierte Publizistik, Psychologie und Politische Kommunikation an der Freien Universität in Berlin.

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                    Digitale Ökosysteme – Was ist das eigentlich?

                    Transkript

                    Intro

                    Das sind Firmen, die ganze Lebensbereiche und Branchen drastisch verändert haben.

                    Was ist unter einem digitalen Ökosystem zu verstehen?

                    Auch wenn der Begriff “digitale Ökosysteme” vielleicht nicht jedem direkt geläufig ist, so kennen wir doch alle Beispiele von digitalen Ökosystemen, weil sie ganze Lebensbereiche, mit denen wir täglich konfrontiert sind, drastisch umgestaltet haben. Wir kennen Uber, wir kennen Airbnb, wir kennen den Amazon Marketplace.

                    Schauen wir uns mal das Beispiel Airbnb an. Dort haben wir private Gastgeber, die Übernachtungsmöglichkeiten an andere Privatmenschen anbieten. Und dann haben wir eine ganz wichtige Rolle, nämlich zentral dazwischen ist Airbnb als Vermittler. Und diese Vermittlerrolle, das ist genau das, was eigentlich alle digitalen Ökosysteme kennzeichnet und eine Gemeinsamkeit ist.

                    Diese Vermittlung passiert rein digital und die Plattform wird dann das technische Herzstück unseres digitalen Ökosystems. Und dieses digitale Ökosystem mit seiner Plattform müssen jetzt eben möglichst skalierbar sein, weil wir freiwillig Teilnehmer haben und diese freiwilligen Teilnehmer sich alle einen Vorteil davon versprechen, in dieses digitale Ökosystem zu kommen. Dann setzt sich eine Spirale in Gang. Es kommen immer mehr Anbieter rein, es kommen immer mehr Konsumenten rein. Und das sind dann genau diese Netzwerkeffekte, die häufig zitiert werden und die die Grundlage sind für alle Geschäftsmodelle in der Plattformökonomie.

                    Was ist das Neue an digitalen Ökosystemen?

                    Digitale Ökosysteme sind gerade nicht deswegen erfolgreich, weil sie etwas komplett Neues anbieten, sondern weil sie etwas anbieten, was es meistens vorher schon gab, aber das auf ein neues Level heben. Für die Konsumenten ist es besonders attraktiv, weil sie ein viel größeres Angebot bekommen, als es jemals der Fall war. Für die Anbieter ist es sehr attraktiv, weil sie eine riesige Konsumentenbasis als Markt erschließen können, ohne dass sie selbst diese Erschließungskosten tragen müssen. Und für den Anbieter des digitalen Ökosystems, für den Betreiber ist es natürlich auch sehr lukrativ.

                    Und im öffentlichen Bereich ist es jetzt eben so, dass es dort aber noch sehr wenige und vor allem wenige erfolgreiche digitale Ökosysteme gibt und dass wir vielmehr die Chance auch nutzen müssen, dieses erfolgreiche Prinzip für die öffentliche Verwaltung und den öffentlichen Sektor auszunutzen und die Power der Plattformökonomie dort entsprechend einzusetzen.

                    Und welche Risiken gibt es?

                    Ja, überall, wo es viele Vorteile gibt, gibt es natürlich auch Risiken. Ein digitales Ökosystem startet man typischerweise in einem Land, lässt es dort wachsen, aber wegen der starken Skalierbarkeit ist es eben dann auch sehr schnell möglich, in andere Märkte und Länder einzudringen. Und somit sehen wir natürlich ein gewisses Risiko, dass internationale Player auch in den deutschen Markt relativ einfach eintreten können, dort sehr schnell wachsen und dann auch die Regeln hier diktieren können, wie das digitale Ökosystem funktioniert. Und wenn das Ökosystem wirklich groß ist und wenn das sehr etabliert ist und es dann auch nicht viele Alternativen gibt, dann birgt das natürlich das Risiko für die anderen Teilnehmenden, dass sie auch keine echte Alternative dazu mehr haben.

                    Wie lassen sich Ökosysteme regulieren?

                    Dem Risiko des Machtmissbrauchs kann man relativ schwer begegnen. Es ist ja typischerweise so, dass Unternehmen digitale Ökosysteme im Rahmen der geltenden Gesetze aufbauen und damit immer erfolgreicher werden. Trotzdem entsteht hier diese Machtkonzentration eben und der versucht man dadurch zu begegnen, dass man vor allem auch auf europäischer Ebene durch eine entsprechende Regulierung Rahmenbedingungen schafft, die eine zu starke Machtkonzentration verhindert.

                    Das andere Risiko eher auf der Ebene der Marktdominanz, das kann man dadurch angehen, dass man eben es versucht und fördert, dass auch mehr digitale Ökosysteme in Deutschland entstehen und damit auch ein natürliches Gegengewicht zu internationalen Playern dann entsteht und passiert. Ein zusätzlicher Aspekt, den wir auch noch reinbringen können, ist, dass gerade wenn der Staat auch unterstützend auftritt, dass er dann entsprechend einwirken kann, sowohl auf die Rahmenbedingungen als auch die entsprechenden Wertevorstellungen, die in so einem digitalen Ökosystem umgesetzt werden.

                    Sind alle digitalen Ökosysteme auf Profit ausgerichtet?

                    Es ist nicht zwingend notwendig, dass sie eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Wir kennen Beispiele wie Wikipedia, was sehr weit verbreitet ist, oder auch Better Place, eine Spendenplattform, die sich selbst dann auch wieder über Spenden finanzieren. Eine andere Möglichkeit ist, dass man sich entsprechende Sponsoren sucht oder auch die öffentliche Hand als Sponsor auftritt und auch darüber kann ein digitales Ökosystem etabliert und betrieben werden.

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                    Experte

                    Dr. Matthias Naab ist Co-Founder von Full Flamingo. Gemeinsam mit seinen Partnern hilft er Unternehmen pragmatisch, die wichtigen Entscheidungen in der digitalen Transformation abzusichern. Bis 2022 am Fraunhofer IESE als Führungskraft tätig, hat er das Thema „Digitale Ökosysteme und Plattformökonomie“ mit aufgebaut und verantwortet.

                     

                     

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