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Die Zukunft der digitalen Gesundheitsversorgung mitgestalten

Mina Luetkens
Vera Weirauch

Eine nachhaltige digitale Transformation der Gesundheitsversorgung erfordert mehr als innovative und technische Lösungen – sie bedarf interdisziplinärer Ansätze und einer aktiven Mitgestaltung seitens der Nutzenden. Die Vielzahl von Informationsquellen und das wachsende Angebot digitaler Services sowie Behandlungs- und Interaktionsoptionen eröffnen Patientinnen und Patienten neue Möglichkeiten der Mitbestimmung. Damit diese Chancen effektiv genutzt werden können und die Patientenzentrierung gestärkt wird, kann eine nationale Gesundheitsplattform eine zentrale Anlaufstelle bieten. Der Schlüssel zu deren Erfolg liegt in der engen Einbindung der Nutzenden, denn die Zukunft der digitalen Gesundheitsversorgung lässt sich nur gemeinsam gestalten. Der folgende Artikel beleuchtet, was bei der Konzeption einer nationalen Gesundheitsplattform im Hinblick auf die Einbindung der Nutzenden zu beachten ist.

Eine gemeinsame digitale Vision

Auf nationaler Ebene treiben Gesetze wie das Digital-Gesetz (DigiG), das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GNDG) sowie die Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums die digitale Transformation des Gesundheitswesens aktiv voran. Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA), des E-Rezepts oder Ansätze zur besseren Nutzung von Gesundheitsdaten (basierend auf dem GDNG) stellen bereits wichtige Schritte dar. Auch auf europäischer Ebene setzt der „Europäische Gesundheitsdatenraum“ (EHDS) bedeutende Impulse, um die Nutzung von Gesundheitsdaten zu fördern und die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung zu stärken.

Im Zentrum dieser Entwicklungen stehen die Patientinnen und Patienten sowie all jene, die das Gesundheitssystem nutzen. Dies ist entscheidend, denn die digitale Transformation des Gesundheitswesens und der biotechnologische Fortschritt führen dazu, dass die Nutzenden neben den digitalen Lösungsangeboten mit einer stetig wachsenden Zahl an Behandlungs- und Interaktionsoptionen, Informationsangeboten und einer großen Akteursvielfalt konfrontiert werden. Hinzu kommt der Einfluss global agierender Techunternehmen, die mit nutzerfreundlichen Plattformen in den Gesundheitsmarkt drängen. Dies erhöht nicht nur die Zahl der Entscheidungsnotwendigkeiten, sondern auch die Eigenverantwortung der Nutzenden (BMG 2023; BMG 2024).

Die visionäre Plattformstrategie „Trusted Health Ecosystems“ ergänzt die Digitalisierungsvorhaben auf nationaler und internationaler Ebene. Sie fördert durch die Selektion und Bündelung vertrauenswürdiger Informations- und Serviceangebote die gesundheitliche Teilhabe (siehe Unser Konzept in der Gesamtschau — Bertelsmann THE). So können Nutzende unterstützt werden, informierte Entscheidungen zu treffen, und im Behandlungsgeschehen aktiv und kollaborativ mitwirken. Gleichzeitig soll ein digitaler Vertrauensraum geschaffen werden, der Datenschutz, Datensicherheit und die informationelle Selbstbestimmung gewährleistet, während er die Datensolidarität zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung fördert.

Ein Schlüssel zur bedarfsgerechten Digitalisierung des Gesundheitswesens: Die Einbindung der Nutzerinnen und Nutzer

Bei der Konzeption einer nationalen Gesundheitsplattform spielt die Einbindung der Nutzenden eine zentrale Rolle, um sicherzustellen, dass die entwickelten Lösungen den Bedürfnissen und Bedarfen der Zielgruppe gerecht werden.

Wird die Plattform so gestaltet, dass sie sich an den Nutzenden orientiert, erhöht sie deren Akzeptanz und Zufriedenheit, stärkt Vertrauen und sorgt für die intensivere Nutzung der Angebote – was sich langfristig positiv auf die Gesundheitsversorgung auswirken kann (Fischer 2020; Hochmuth et al. 2020).

Etliche Initiativen sowie partizipative Entwicklungs- und Forschungsansätze stärken eine entsprechende Einbindung bzw. Partizipation und geben ihr einen Rahmen. Unabhängig vom jeweiligen Fokus ist allen gemeinsam, dass Entwickelnde, Gesundheitsdienstleistende sowie Patientinnen und Patienten eng zusammenarbeiten müssen.

Partizipative Ansätze für die Entwicklung einer nationalen Gesundheitsplattform

Um die Nutzenden konkret einzubinden, gibt es diverse partizipative Forschungs- und Designansätze, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken können. Diese sollten bei der Konzeption einer nationalen Gesundheitsplattform berücksichtigt werden.

Eine relevante internationale Initiative ist die International Collaboration for Participatory Health Research (ICPHR), die sich für die Förderung und Weiterentwicklung partizipativer Gesundheitsforschung einsetzt. Ihr auf den deutschsprachigen Raum fokussiertes Partnernetzwerk PartNet bietet eine Plattform für den Austausch zwischen Forscherinnen, Praktikern sowie Bürgerinnen und Bürgern. Darüber hinaus fördert es die Entwicklung und Verbreitung partizipativer Forschungsmethoden.

Mit einem besonderen Blick auf Deutschland hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Digitalisierungsstrategie entwickelt. Diese will den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft stärken sowie Bürgerinnen und Bürger aktiv in Forschungsprozesse einbinden. Ergänzend unterstützt das BMBF-Forschungsprogramm „Miteinander durch Innovation“ partizipative Ansätze in Innovationsprozessen und fördert Projekte, die innovative Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen unter Einbeziehung verschiedener Akteure entwickeln (BMBF 2023).

Im Bereich der Forschung spielt das Patient and Public Involvement (PPI) eine zentrale Rolle. Dieser Ansatz bezieht Patientinnen und Patienten, Angehörige sowie die Öffentlichkeit in den gesamten Forschungsprozess aktiv ein – angefangen bei der Festlegung von Prioritäten, über die Planung und Durchführung, bis hin zur Verbreitung der Ergebnisse.

Noch einen Schritt weiter geht die Partizipative Gesundheitsforschung / Participatory Health Research (PGF/PHR), da sie die Betroffenen als gleichberechtigte Forschungspartnerinnen und -partner betrachtet. Ihr Ziel ist, die Kluft zwischen Wissenschaft und Praxis zu überbrücken und Forschungsergebnisse direkt in eine verbesserte Gesundheitsversorgung umzusetzen.

Ein weiterer Ansatz ist Community-Based Participatory Research (CBPR), ein kollaborativer Forschungsansatz, der die Mitglieder einer Gemeinschaft ebenfalls als gleichberechtigte Partnerinnen und Partner einbezieht. Er ist besonders wertvoll, wenn es darum geht, Lösungen für spezifische Gemeinschaften, wie beispielsweise unterrepräsentierte oder benachteiligte Bevölkerungsgruppen, zu entwickeln. Dies können marginalisierte ethnische Gruppen sein oder Gemeinschaften mit besonderen gesundheitlichen Herausforderungen sowie Gesundheitsdisparitäten.

Ergänzend dazu ermöglicht der Citizen-Science-Ansatz den Bürgerinnen und Bürgern, aktiv an wissenschaftlichen Projekten teilzunehmen. Dies erfolgt unter anderem durch die Sammlung oder Analyse von Daten – was in diesem Kontext beispielsweise bedeuten kann, eigene Gesundheitsdaten über Smartphone-Apps zu erfassen und zu teilen (NIHR; Wright et al. 2021).

Im Bereich des Designs bieten partizipative Ansätze weitere Möglichkeiten, die Nutzenden einzubinden. Human-Centered Design (HCD) und User-Centered Design (UCD) stellen den Menschen – also die potenziellen Nutzenden – in den Mittelpunkt des Designprozesses und berücksichtigen bei der Entwicklung digitaler Gesundheitslösungen deren Bedürfnisse, Präferenzen und Verhaltensweisen. Die Ansätze, angelegt als iterative Prozesse, beziehen die Nutzerinnen und Nutzer in jeder Phase des Entwicklungszyklus ein.

Ein weiterer Ansatz ist Co-Creation oder Co-Design. Hier gestalten potenzielle Nutzende und die Entwickelnden im Idealfall als gleichberechtigte Partnerinnen oder Partner den gesamten Entwicklungsprozess. Dies kann zu besonders innovativen Lösungen führen, die die Perspektiven und Erfahrungen aller Beteiligten berücksichtigen.

Werden diese verschiedenen Forschungs- und Designansätze kombiniert, ermöglicht das eine umfassende und vielschichtige Einbindung von Nutzerinnen und Nutzern – bzw. Patientinnen und Patienten – in die Entwicklung von (digitalen) Gesundheitsinterventionen, -systemen und -services. Somit wäre es wichtig, sich mit Blick auf eine nationale Gesundheitsplattform verschiedener Ansätze zu bedienen – auch wenn es sich vordergründig nicht um einen wissenschaftlichen Prozess handelt.

Überblick: Forschungs- und Designansätze

Partizipative Gesundheitsforschung/ Participatory Health Research (PGF/PHR)

Forschung wird hier als Koproduktion zwischen Wissenschaft, Fachkräften und den betroffenen Menschen gesehen. Ziel ist, durch partnerschaftliche Zusammenarbeit neue Erkenntnisse zu gewinnen sowie die Gesundheit und Chancengleichheit zu fördern, wobei die Beteiligten den gesamten Prozess aktiv und gleichberechtigt mitgestalten.

Community-Based Participatory Research (CBPR)

Spezifische Gemeinschaften werden als gleichberechtigte Partnerinnen und Partner integriert. Ziel ist, Wissen und Maßnahmen zu kombinieren, um soziale Veränderungen herbeizuführen und gesundheitliche Ungleichheiten, basierend auf bspw. soziale, wirtschaftliche und umweltbedingte Faktoren, zu verringern.

Citizen Science

Bürgerinnen und Bürger nehmen aktiv an Forschungsprojekten teil, indem sie z. B. Daten sammeln, analysieren oder interpretieren. Ziel ist, die öffentliche Beteiligung an Wissenschaft zu fördern.

Human-Centered Design (HCD) und User-Centered Design (UCD)

Hier stehen die Bedürfnisse, Wünsche, Perspektiven und Verhaltensweisen der Nutzenden im Mittelpunkt des Entwicklungs- und Designprozesses. Ziel ist, intuitive (= anwendungsfreundliche), effektive und relevante Lösungen, Produkte oder Services zu schaffen.

Co-Creation oder Co-Design

Nutzende und Entwickelnde arbeiten gemeinsam am gesamten Entwicklungsprozess. Ziel ist, durch die Einbindung vielfältiger Perspektiven innovative und bedarfsorientierte Lösungen zu finden.

Einbindung von Nutzerinnen und Nutzern bei der Konzeption einer nationalen Gesundheitsplattform – Empfehlungen

Bei einer nationalen Gesundheitsplattform, die auf der Vision von Trusted Health Ecosystems basiert, stehen Patientinnen und Patienten im Fokus. Diese sind naturgemäß äußerst divers, darüber hinaus müssen vulnerable Gruppen berücksichtigt werden (z. B. im Hinblick auf die Sprach- und Lese-Barrierefreiheit, die Vermeidung eines Digital Health Divide). Daher bietet es sich an, mittels unterschiedlicher Formate – z. B. Umfragen, Interviews, Fokusgruppen, Workshops (jeweils analog und digital) – die jeweiligen Bedürfnisse, Erwartungen und Akzeptanzkriterien zu erheben.

Schon bei der Wahl der Erhebungsmethode ist es notwendig, die Zielgruppen einzubinden, um eine möglichst hohe Teilnahme zu fördern und dem Credo der gemeinschaftlichen Bearbeitung des gesamten Prozesses gerecht zu werden. In einem späteren Schritt sollte die Entwicklung der Plattform iterativ erfolgen, indem beispielsweise Nutzende regelmäßige Tests durchführen und deren Feedback sowie Impulse zur Gestaltung laufend in die weitere Entwicklung einfließen.

Die Einbindung von Patientinnen und Patienten sollte also nicht nur einer ethischen und moralischen Verpflichtung folgen, sondern vielmehr als strategische Notwendigkeit betrachtet werden, um die Nutzung der Plattform wirkungsvoll und bedarfsgerecht zu gestalten.

Nachfolgend werden übergeordnete Schritte zur partizipativen Entwicklung einer Gesundheitsplattform grob skizziert, um eine nachhaltige und inklusive Lösung zu schaffen (OECD 2022).

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Entwicklung einer neuen digitalen Gesundheitsplattform bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich, die nicht nur technischer Natur sind. Bei digitalen Gesundheitslösungen müssen Sicherheitsaspekte und Datenschutz höchste Priorität haben, um das Vertrauen der Nutzenden zu gewährleisten. Zudem sind Standards der informierten Einwilligung zu wahren und ethische Aspekte zu berücksichtigen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Entwicklern, Juristinnen und Juristen sowie Ethikerinnen, um sicherzustellen, dass die Lösungen den rechtlichen und ethischen Anforderungen entsprechen.

Die Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Systemen sowie die Integration von Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Nur wenn digitale Lösungen reibungslos mit bestehenden Strukturen harmonieren, können sie effizient genutzt werden und die Versorgung verbessern.

Damit Bürgerinnen und Bürger die digitalen Lösungen nutzen können, müssen soziale und digitale Barrieren überwunden werden. Es bedarf diverser Bildungs- und Unterstützungsangebote, um der Bevölkerung – und somit auch den Patientinnen und Patienten – den Zugang und den Umgang im Hinblick auf die neuen Technologien zu erleichtern.

Das Ziel sollte sein, einer sogenannten digitalen Gesundheitskluft – einem Digital Health Divide – entgegenzuwirken. Durch partizipative Prozesse lassen sich die Bedürfnisse diverser und insbesondere vulnerabler Zielgruppen berücksichtigen. Dies umfasst sowohl technische Aspekte (z. B. Kompatibilität mit Screenreadern) als auch den sprachlichen Zugang (z. B. einfache Sprache, mehrsprachige Angebote) – immer mit dem Ziel, eine Barrierefreiheit sicherzustellen. Zudem kann durch gezielte Schulungen und Aufklärung die digitale Kompetenz gefördert und so der Umgang mit der „neuen“ Gesundheitswelt ermöglicht werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Bildungsinstitutionen, Gesundheitsdienstleistern und Technologieanbietern.

Schlussplädoyer

Die digitale Transformation des Gesundheitswesens ist nicht nur ein technisches Vorhaben, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung, und sie kann nur durch eine starke Partizipation der Nutzerinnen und Nutzer nachhaltig gelingen. Alle Beteiligten – Entscheidungsträgerinnen und -träger, die Gesundheitsversorgung, Entwicklerinnen und Entwickler sowie Anbieter von digitalen Lösungen und die Wissenschaft – sind dazu aufgerufen, Patientinnen und Patienten aktiv in die Gestaltungsprozesse einzubeziehen. Es ist unerlässlich, die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzenden in den Mittelpunkt digitaler Initiativen zu stellen, um eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung zu schaffen.

Nur durch eine enge Zusammenarbeit und den entschlossenen Willen, die Patientinnen und Patienten konsequent in den Fokus zu rücken, können wir sicherstellen, dass die digitale Gesundheitsversorgung nicht nur effizient, sondern auch gerecht, transparent und inklusiv gestaltet wird.

Literatur

BMG – Bundesministerium für Gesundheit (2024). Digitalisierung im Gesundheitswesen. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/digitalisierung/digitalisierung-im-gesundheitswesen.html

BMG – Bundesministerium für Gesundheit (2023). Digitalisierungsstrategie. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/digitalisierung/digitalisierungsstrategie.html

Fischer, Florian (2020). Digitale Interventionen in Prävention und Gesundheitsförderung: Welche Form der Evidenz haben wir und welche wird benötigt?. Bundesgesundheitsbl 63, 674–680. https://doi.org/10.1007/s00103-020-03143-6

Hochmuth, Alexander, Anne-Kathrin Exner & Christoph Dockweiler (2020). Implementierung und partizipative Gestaltung digitaler Gesundheitsinterventionen. Bundesgesundheitsbl 63, 145–152. https://doi.org/10.1007/s00103-019-03079-6

BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung (2023). Partizipationsstrategie Forschung. https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/DE/2023/partizipationsstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=4

NIHR – National Institute for Health Research (o. D.). What is patient and public involvement and public engagement? School for Primary Care Research. https://www.spcr.nihr.ac.uk/PPI/what-is-patient-and-public-involvement-and-engagement

Wright, Michael, Theresa Allweiss & Nikola Schwersensky (2021). Partizipative Gesundheitsforschung. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i085-2.0

PartNet – Netzwerk für Partizipative Gesundheitsforschung (o. D.). http://partnet-gesundheit.de/ueber-uns/organisatorischer-rahmen/

OECD (2022). OECD Guidelines for Citizen Participation Processes, OECD Public Governance Reviews, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/f765caf6-en

Autorinnen

Mina Luetkens

Die studierte Physikerin war viele Jahre in globalen Rollen bei großen Pharmaunternehmen tätig, u. a. als Portfolio-Managerin, Interne Revisorin und Controllerin. Öffentlich setzt Mina Luetkens sich für die Position der Patientinnen und Patienten sowie gesellschaftliche Beteiligung ein. Ihre persönlichen Schwerpunkte liegen in der Vernetzung der Bereiche Technologie und System/Kultur. Mit Patients4Digital treibt sie das Thema Partizipation im Gesundheitswesen (partizipative Forschung und Entwicklung) sowie Human Centered Healthcare voran.

Vera Weirauch

Vera Weirauch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Healthcare am Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST. Seit 2022 bringt sie dort ihre Expertise in verschiedenen Forschungsprojekten zur digitalen und datengetriebenen Gesundheitsversorgung der Zukunft ein. Als Doktorandin forscht sie zu partizipativen Verfahren im Bereich Digital Health und untersucht die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in Entwicklungs- und Evaluationsprozesse digitaler Gesundheitsinterventionen.

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    Jugendbeteiligung – Junge Stimmen zu Trusted Health Ecosystems

    Transkript

    Wir hatten die einmalige Gelegenheit, sechs Jugendvertreterinnen und -vertreter zu fragen, was sie von unserem Trusted Health Ecosystem-Konzept halten. Die Repräsentanten aus dem Digital Transformations for Health Lab und WHO-Jugendrat haben uns in diesem Video wertvolles Feedback gegeben. Zu Wort kommen: Tomiwa Akinsanya (Nigeria), Yifan Zhou (Kanada), Caroline Knop (Deutschland), Soe Yu Naing (Myanmar), Kristina Almazidou (Griechenland) und Mellany Murgor (Kenia). Und das sind ihre Aussagen:

    Yifan: Ich mag das Trusted Health Ecosystems Konzept, weil es viele Dinge für mich vereinfacht.

    Caroline: Mir gefällt, dass das Konzept wirklich umfassend ist.

    Soe Yu: Es berücksichtigt auch die Themen Vertrauen und Transparenz.

    Tomiwa: Mir gefällt am besten an dem Konzept, dass es Vertrauen einbezieht.

    Yifan: Ich muss nicht wissen, wem ich vertrauen kann und wem ich nicht vertrauen kann.

    Tomiwa: Das ist etwas, was die jungen Menschen auf der ganzen Welt gerade jetzt brauchen. Weil sie Transparenz von ihrer Regierung erwarten. Sie erwarten Transparenz für ihre Gesundheitsdaten und sie erwarten Transparenz, wenn sie online sind.

    Kristina: Ich mag die Tatsache, dass es eine Win-Win-Situation ist, alle Daten zur Patientengeschichte sind an einem Ort. Sie sind sowohl für die Patientinnen und Patienten als auch für die Gesundheitsdienstleister zugänglich.

    Mellany: Was mir an diesem Konzept am besten gefällt, ist die Tatsache, dass es inklusiv sein wird. Und es sieht so aus, als würde es ein One-Stop-Shop sein für alle Informationen, die wir in Bezug auf Gesundheit benötigen.

    Yifan: Ich kann alle Informationen auf der Plattform finden und das ist eine große Erleichterung, das ist eine große Sache für mich.

    Mellany: Wenn ich mir die Gesundheitsplattform ansehe, denke ich, dass es wichtig ist, Integrationen über Gesundheit hinaus zu berücksichtigen, die es bereits auf digitalen Plattformen gibt.

    Yifan: Es ist wichtig für uns, auf eine Plattform zuzugreifen, die einfach ist, die keine zusätzlichen Workflows hinzufügt, die wir bereits haben.

    Caroline: Mit Trusted Health Ecosystems werden wir einmal eine Plattform haben, die alle verschiedenen Lösungen integriert, die bereits vorhanden sind.

    Soe Yu: Wenn ihr wirklich etwas für junge Menschen erreichen wollt, macht es einfach, nachvollziehbar und wirkungsvoll, dass wir das Gefühl haben, auf der Plattform repräsentiert zu sein.

    Tomiwa: Ich denke, dass junge User eine benutzerfreundliche Oberfläche wollen, wenn es um die Nutzung digitaler Anwendungen geht.

    Mellany: Bezüglich der auf junge Menschen zugeschnittenen Informationen denke ich, dass es sehr wichtig ist, sich die Übergänge anzusehen, also den Übergang der jungen Menschen ins Erwachsenenalter, aber auch die verschiedenen Veränderungen, die in ihrem Leben passieren können.

    Caroline: Für junge Menschen ist es wirklich wichtig, präventive Aspekte einzubeziehen, weil viele junge Menschen im Moment keine chronischen Krankheiten haben.

    Kristina: Und wir sollten auch die Randgruppen nicht vergessen.

    Caroline: Es muss leicht zugänglich sein und auch Funktionen für Menschen mit Behinderungen haben. Es muss in verschiedenen Sprachen verfügbar sein und sich an unterschiedliche kulturelle Hintergründe anpassen. Es ist wirklich wichtig, alle Menschen in die Gesundheitsplattform einzubeziehen.

    Yifan: Für mich möchte ich etwas Einfaches, das mein größtes Problem löst. Und eines meiner größten Probleme mit dem Gesundheitssystem ist, nicht zu wissen, wohin ich gehen und wie ich mich zurechtfinden soll. Wenn es eine Plattform gäbe, die mir hilft, mich im System zurechtzufinden, mit einem Klick oder so, das wäre perfekt.

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      Jugendbeteiligung – Wie können junge Menschen Gesundheitsplattformen mitgestalten?

      Transkript

      Intro

      Ich denke, dass der Input junger Menschen oft fehlt, wenn ihre spezifischen Bedürfnisse in digitalen Gesundheitslösungen adressiert werden.

      Welche Rolle sollten junge Menschen dabei spielen, die Zukunft der digitalen Gesundheit zu gestalten?

      Junge Menschen sind die Experten ihrer eigenen Erfahrungen. Das ist der Kernbereich, in dem ihre Erkenntnisse wirklich benötigt werden, denn manchmal werden digitale Gesundheitslösungen entwickelt und kein einziger junger Mensch war an der Entwicklung beteiligt. Und man kann keine Lösung für Menschen finden, ohne diese zu fragen, was sie sich wünschen.

      Junge Menschen können helfen, diese Vision zu erstellen, indem sie erstens Probleme identifizieren. Und zweitens, indem sie identifizieren, wie potenzielle Lösungen für sie funktionieren, die sie tatsächlich nutzen würden. Und sie drittens bei der Umsetzung einbezogen werden. Aber ich denke, ihr Knowhow ist in erster Linie ihre Erfahrung als junger Mensch in dieser modernen Welt.

      Wie gut adressieren digitale Gesundheitsplattformen die spezifischen Bedürfnisse junger Menschen?

      Ich denke, dass der Input junger Menschen oft fehlt, wenn ihre spezifischen Bedürfnisse in digitalen Gesundheitslösungen adressiert werden. Junge Menschen sorgen sich sehr über Themen wie Privatsphäre, insbesondere im Hinblick auf ihre Daten. Und sie machen sich auch Gedanken über psychische Gesundheit und die Auswirkungen aller technischen Lösungen auf ihre psychische Gesundheit.

      Ich denke, wir befinden uns derzeit in einer Situation, in der es viele Möglichkeiten für junge Menschen gibt, um mehr involviert zu werden. Und ich glaube, junge Leute nutzen das, so gut sie können. Aber es wird für diese digitalen Gesundheitsplattformen immer Raum für mehr Input und mehr gemeinsame Entwicklung mit jungen Menschen geben.

      Wie können politische Entscheidungsträger und Gesundheitsdienstleister die Beteiligung junger Menschen an digitalen Ökosystemen unterstützen?

      Ich würde sagen, dass sie jungen Menschen besser dabei unterstützen können sich zu beteiligen, indem sie zunächst einfach zuhören und Gelegenheiten schaffen für diese Art von Gesprächen und Diskussionen. Und ich glaube, dass ein junger Mensch im ländlichen Guatemala oder eine indigene Person in Guatemala eine ganz andere Erfahrung hat als jemand, der aus der Karibik oder aus Afrika kommt. Deshalb müssen wir diese verschiedenen Räume haben, in denen wir die vielfältigen Facetten junger Menschen betrachten. Und gewährleisten, dass wir so inklusiv wie möglich sind, wenn wir den jungen Menschen einen Platz am Tisch bereitstellen.

      Der zweite Punkt, den ich hier anführen möchte: Es ist wichtig, die Gespräche, die wir führen, mit finanziellen Ressourcen zu unterfüttern. Also, nicht nur miteinander sprechen und eine großartige Zeit, eine tolle Veranstaltung haben. Aber welche Maßnahmen ergeben sich daraus? Und welche konkreten Verpflichtungen kommen von den politischen Entscheidungsträgern oder verschiedenen Organisationen, welche die Beteiligung junger Menschen unterstützen?

      Es ist großartig, dass wir Ideen haben, aber wir brauchen auch die Finanzierung, um sie umzusetzen.

      Inhalt

      Expertin

      Danielle Mullings ist Beraterin für digitale Transformation in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Sie hat einen Abschluss in Naturwissenschaften und Technologie. Ihre Leidenschaft für Technologie entdeckte sie am Campion College, wo sie in der Caribbean Advanced Proficiency Examination (CAPE) Computer Science durch herausragende Leistungen auffiel. Danielle setzt sich dafür ein, Technologie zur Förderung gesellschaftlicher Veränderungen zu nutzen. Sie arbeitete als Impact & Partnerships Officer für Transform Health, einer globalen Allianz für allgemeine Gesundheitsversorgung (engl. „Universal Health Coverage“). Sie war auch an verschiedenen digitalen Gesundheitsinitiativen für Jugendliche beteiligt und als UNICEF U-Report Jamaika-Botschafterin tätig.

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        Jugendbeteiligung – Warum sind die Meinungen junger Menschen zu digitaler Gesundheit so wichtig?

        Transkript

        Intro

        Ich glaube, jeder Mensch auf diesem Planeten wird immer ein Experte seiner eigenen Erfahrung sein, und das ist an und für sich schon sehr wertvoll.

        Was steckt hinter dem Konzept von sinnvoller Jugendbeteiligung?

        Die sinnvolle Beteiligung junger Menschen besteht im Wesentlichen aus zwei Dingen. Das eine ist Zuhören, das zweite ist Handeln. Es gibt so viele junge Leute – in all ihrer Vielfalt. Was ich immer interessant finde: Junge Menschen mögen aus verschiedenen Positionen in der Gesellschaft kommen. Sie können einen ganz unterschiedlichen sozioökonomischen Status haben. Sie können vor geografischen Barrieren stehen. Jeder Mensch hat unterschiedliche Herausforderungen und Hindernisse zu meistern. Daher ist es sehr wichtig, wenn wir das Konzept der sinnvollen Jugendbeteiligung betrachten, dass wir wirklich die Lebenswelten junger Menschen einbeziehen, die betroffen sind. Im Gesundheitswesen ist das ein sehr umfassendes Thema. Aber wer sind die Hauptpersonen, denen nicht zugehört wird? Und wie und mit welchen Maßnahmen können wir ihren Problemen und Herausforderungen begegnen, mit denen sie konfrontiert sind? Manchmal werden wir an den Tisch eingeladen und danach passiert nichts. Daher ist es wichtig, auf die Rückmeldungen und Erkenntnisse zu reagieren.

        Was sind die größten Herausforderungen junger Menschen, wenn sie sich in Initiativen zur digitalen Gesundheit engagieren möchten?

        Ich denke, das erste Problem junger Menschen ist, dass ihnen nicht bewusst ist, welche Möglichkeiten und Räume es gibt, in die sie sich einbringen können. Manchmal sind diese nicht ausreichend gesellschaftlich verankert oder allen bekannt. Die zweite ziemlich große Herausforderung ist eine Frage der Ressourcen. Denn junge Menschen haben viele unterschiedliche Ideen. Wir sind eine Generation von Innovatoren. Aber nicht immer verfügen wir über die nötigen Möglichkeiten, um diese auch tatsächlich umsetzen zu können. Und ich denke, das führt uns zur dritten Herausforderung, bei der es darum geht, dass Entscheidungsträger nicht immer bereit sind, uns zuzuhören. Sie könnten sagen, du bist zu jung, du hast nicht genug Erfahrung, du weißt nichts. Jeder verdient einen Raum, indem er zu Wort kommen kann. Aber ich glaube, jeder einzelne Mensch auf diesem Planeten ist immer ein Experte auf seinem eigenen Gebiet. Und das ist an und für sich schon sehr wertvoll.

        Du brauchst einen jungen Menschen im ländlichen Guatemala, der von seinen Lebenserfahrungen erzählen kann. Oder indigene Personen aus anderen Gebieten Lateinamerikas. Oder jemand, der sein ganzes Leben auf einer Insel in der Karibik verbringt. All diese Erfahrungen sind völlig unterschiedlich. Und wir brauchen Räume und Möglichkeiten, um unsere eigenen Erfahrungen teilen zu können.

        Welchen Rat würdest du Jugendorganisationen geben, die sich im Bereich digitale Gesundheit einbringen möchten?

        Eine Jugendorganisation sollte als Erstes dafür sorgen, dass sie sehr präsent ist. Sie mag vielleicht eine Handvoll Vertreter innerhalb der Organisation haben, die rausgehen und sprechen. Aber sie sollte sicherstellen, dass sie tatsächlich für die Gemeinschaft der Menschen sprechen, aus der sie kommen. Wenn du aus Jamaika kommst, musst du also sicherstellen, dass du nicht nur zu denen sprichst, die wie ich aus Kingston kommen, sondern auch zu denen, die aus ländlicheren Gemeinden wie St. Elizabeth oder Mandeville stammen. Daher ist es wichtig, diese kombinierte Perspektive zu haben.

        Der zweite Punkt, den ich hier ansprechen möchte, betrifft die Bedeutung der digitalen Kompetenz und des digitalen Verständnisses. Wir müssen sicherstellen, dass die Lösungen oder die Welt, für die wir uns einsetzen, nicht die Welt vergisst, in der wir uns gerade befinden. Für jede Gruppe, für die du dich einsetzt, musst du bewerten, wo sie heute steht und was konkret im nächsten oder übernächsten Jahr passieren kann. Einige Gruppen haben keinen Internetzugang. Oder wenn doch, dann wissen manche nicht, wie man einen Computer richtig nutzt. Und man muss die spezifischen Bedürfnisse der Menschen dort berücksichtigen und welches das nächstbeste digitale Gesundheitstool ist, das ihnen helfen kann.

        Was sind die zukünftigen Trends im Bereich digitale Gesundheit aus der Perspektive junger Menschen?

        Ich werde darüber sprechen, was sich junge Leute wünschen. Und dazu gehört ein stärkerer Fokus auf psychische Gesundheit. Interessanterweise halten junge Menschen auf der ganzen Welt, insbesondere in Lateinamerika und der Karibik, dies für ein Thema von großem Interesse. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir in diesem Bereich mehr digitale Gesundheitslösungen sehen werden.

        Der nächste Punkt wird der Datenschutz sein und wie wir kommunizieren, wie unsere Daten auf diesen Plattformen verwendet werden. Ich glaube, das ist etwas, was junge Menschen sich unbedingt wünschen. Und ich hoffe, dass (politische) Entscheidungsträger und auch private Unternehmen dies berücksichtigen werden.

        Inhalt

        Expertin

        Danielle Mullings ist Beraterin für digitale Transformation in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Sie hat einen Abschluss in Naturwissenschaften und Technologie. Ihre Leidenschaft für Technologie entdeckte sie am Campion College, wo sie in der Caribbean Advanced Proficiency Examination (CAPE) Computer Science durch herausragende Leistungen auffiel. Danielle setzt sich dafür ein, Technologie zur Förderung gesellschaftlicher Veränderungen zu nutzen. Sie arbeitete als Impact & Partnerships Officer für Transform Health, einer globalen Allianz für allgemeine Gesundheitsversorgung (engl. „Universal Health Coverage“). Sie war auch an verschiedenen digitalen Gesundheitsinitiativen für Jugendliche beteiligt und als UNICEF U-Report Jamaika-Botschafterin tätig.

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          Digitale Gesundheit – Patientenbeteiligung als Schlüssel zum Erfolg

          Transkript

          Intro

          Um Vertrauen bei Patientinnen und Patienten aufzubauen, ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, sie in die Gestaltung digitaler Gesundheitssysteme einzubeziehen.

          Wie sollten Patientinnen und Patienten in die Realisierung einer nationalen Gesundheitsplattform einbezogen werden?

          Zuallererst ist es ein moralischer Imperativ, sie bei der Realisierung jeder nationalen Gesundheitsplattform zu involvieren. Aber darüber hinaus ist es ein „Business Case“ für nationale Gesundheitsplattformen, die darauf abzielen, die Gesundheit zu verbessern. Es geht darum, solche Plattformen gemeinsam mit denen zu entwickeln, die die Versorgung in Anspruch nehmen.  Wenn man also gute Ergebnisse im Sinne der Patientinnen und Patienten erzielen möchte, ist es wichtig, zunächst zu wissen, welche Bedürfnisse sie haben und die Gesundheitsplattformen daran ausrichten. Das ist logisch und auch viel effizienter.

          Wie können digitale Plattformen Patientenpartizipation unterstützen?

          Digitale Gesundheitsplattformen geben Patientinnen und Patienten ein enormes Versprechen, weil sie ihnen den Zugang zu eigenen Gesundheitsinformationen erleichtern und verbessern können. Der Zugang zu Informationen kann das Verständnis für den eigenen Behandlungsverlauf verbessern –  schon vor einer Erkrankung und dann während der Behandlung. Das ist aus meiner Sicht wirklich wichtig, denn es macht die Beteiligung am eigenen Behandlungsverlauf zur Normalität. Darüber hinaus erleichtern Plattformen den Dialog zwischen Gesundheitsberufen und den Patientinnen und Patienten.

          Was ist das Ziel des „Manifests der Patientenorganisationen“ (The Patient Organisations’ Manifesto)?

          Im Gesamtkonzept, das Patienten-Empowerment, –beteiligung, –einbindung und –design umfasst, stehen immer die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt. „Das Manifest der Patientenorganisationen“ ist ein Tool, eine Vision für die Zukunft, die wir als Patienten-Community mit unseren Mitgliedern und Stakeholdern in einem echten Co-Creation-Prozess entwickelt haben, um auszudrücken: „So soll die Zukunft für Patientenorganisationen aussehen.“ Ohne die Einbeziehung von Patientinnen und Patienten ist Gesundheitsversorgung heute nicht mehr möglich.

          Patienten-Empowerment ist ein Konzept zur Förderung der Gesundheitskompetenz. Es lädt aber auch dazu ein, sich an der eigenen Behandlung zu beteiligen und gibt dafür die nötigen Hilfsmittel an die Hand. Patienten-Engagement umfasst die Kommunikation mit Patientinnen und Patienten über Themen, die sie beschäftigen. Beim Patienten-Design geht es um die Entwicklung von Gesundheitstools mit Patientinnen und Patienten und darum, ihre Stimme in Arbeitsabläufe einzubringen. Das gesamte weiter gefasste Konzept der Patienten-Beteiligung berücksichtigt sie alle als Teil oder Förderer eines demokratischen Prinzips, das Patientengruppen aktiv beteiligt und mitentscheiden lässt, wie Gesundheitssysteme die Versorgung gestalten.

          Inhalt

          Expertin

          Anca Toma ist die Geschäftsführerin des Europäischen Patientenforums (EPF), das als Bindeglied zwischen Patientenorganisationen und EU-Politikern fungiert. Mit über 15 Jahren Erfahrung in der europäischen Gesundheitspolitik arbeitet sie in den Bereichen politische Interessenvertretung, strategische Kommunikation, Entwicklung und Koordination erfolgreicher europaweiter Interessenvertretungskampagnen.

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            Öffentliche Gesundheit – Auswirkungen von Desinformation

            Transkript

            Intro

            Die Infodemie können wir nur mit vertrauenswürdigen Informationen und einer besseren Gesundheitskompetenz bekämpfen.

            Wie gefährlich ist die Infodemie für Patientinnen und Patienten?

            Die Infodemie ist sehr gefährlich für Patientinnen und Patienten. Sie ist die Krankheit des Internets, die leider die Grenze zwischen dem Internet und dem Leben der Menschen überschreitet. Fehlinformationen können Folgen für die öffentliche Gesundheit und für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten haben. Zum Beispiel können sie zu Impfskepsis und -widerstand führen – und auch zu fälschlichen, nicht evidenzbasierten Überzeugungen. Während der Pandemie lösten sie sogar einen Ansturm auf Produkte aus, die für Patientinnen und Patienten ungeeignet und sogar gefährlich waren.

            Was brauchen Patientinnen und Patienten in Zeiten der digitalen Transformation?  

            In Zeiten der digitalen Transformation ist Vertrauen das Erste, was Patientinnen und Patienten benötigen. Sie müssen darauf vertrauen können, dass sie qualitativ hochwertige Informationen erhalten. Und sie müssen sicher sein, dass mit den Informationen und Daten, die sie dem Gesundheitssystem bereitstellen, korrekt umgegangen wird und diese Daten dazu verwendet werden, ihr eigenes Leben und das Leben anderer zu verbessern. So gesehen würde ich das aus der Perspektive der digitalen Gesundheit so übersetzen: Wie können neue, digitale Technologien dazu beitragen, Dinge schneller und besser zu machen sowie bessere Behandlungsergebnisse bei den Patientinnen und Patienten zu erzielen?

            Was muss auf europäischer Ebene geschehen, um eine vertrauenswürdige Informationsarchitektur zu erreichen?

            Europa braucht eine vertrauenswürdige Informationsarchitektur auf europäischer Ebene. Im Moment haben wir aber keine. Mit der Gesetzgebung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum sollten wir sie aber bekommen. Um das zu erreichen, müssen wir sicherstellen, dass die Patientinnen und Patienten an der Gestaltung der Informationsarchitektur und der verwendeten Instrumente weiterhin beteiligt bleiben: von elektronischen Gesundheitsakten bis hin zu nationalen Datengremien, die steuern, wie die Daten mit Forschung und Entwicklung geteilt werden. Und was noch passieren muss, ist eine massive Investition in die digitale und allgemeine Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten, der Bürgerinnen und Bürger.

            Inhalt

            Expertin

            Anca Toma ist die Geschäftsführerin des Europäischen Patientenforums (EPF), das als Bindeglied zwischen Patientenorganisationen und EU-Politikern fungiert. Mit über 15 Jahren Erfahrung in der europäischen Gesundheitspolitik arbeitet sie in den Bereichen politische Interessenvertretung, strategische Kommunikation, Entwicklung und Koordination erfolgreicher europaweiter Interessenvertretungskampagnen.

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              Patientenseitiger Informationsbedarf

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              Die in der Analyse identifizierten Themen haben wir qualitativ ausgewertet und in Themenbereiche geclustert, die dann in insgesamt zehn Kategorien zusammengefasst wurden. Diese haben wir in einen übersichtlichen und digitalen „Themenkatalog Patienteninformationen“ eingebunden, der sich an Autorinnen und Autoren, Redaktionen und Produzenten von Patienteninformationen ebenso wie an die Anbieter von Gesundheitsportalen und digitalen Gesundheitsanwendungen richtet. 

              Der Themenkatalog Patienteninformation umfasst folgende Kategorien:


               

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                Eckpunkte und Prämissen

                Im Zentrum unserer Vision stehen die Patientinnen und Patienten und all jene, die das Gesundheitssystem nutzen. Im Zuge der digitalen Transformation und des biotechnologischen Fortschritts werden sie mit immer mehr Behandlungsoptionen, einem wachsenden Informationsangebot und einer großen Akteursvielfalt konfrontiert. Auch global agierende Tech-Unternehmen drängen mit neuen Gesundheitsplattformen in den Gesundheitsmarkt. Die Zahl der Entscheidungsnotwendigkeiten wächst mit der Komplexität des Systems und neben den Möglichkeiten der Mitwirkung nimmt auch die Eigenverantwortung weiter zu. Das stellt viele Menschen in Zeiten von Social Media und Fake News vor große Herausforderungen, denn gute Entscheidungen erfordern immer auch gute Informationen.

                Zur Förderung der gesundheitlichen Teilhabe entwickeln wir deshalb eine Plattformstrategie für das Gesundheitswesen von morgen. Über die Selektion und Bündelung von Informations- und Serviceangeboten soll die nationale Gesundheitsplattform den Zugang zu vertrauenswürdigen Angeboten erleichtern. Sie soll Patientinnen und Patienten dabei unterstützen, zu informierten Entscheidungen zu gelangen und im Behandlungsgeschehen aktiv und koproduktiv zu handeln. Und sie soll einen digitalen Vertrauensraum schaffen, der Datenschutz, Datensicherheit und die informationelle Selbstbestimmung garantiert und gleichzeitig die Datensolidarität fördert, um die gesundheitliche Versorgung zu verbessern.

                Unsere Vision fußt auf diesen 10 Prämissen und Eckpunkten:

                01
                Vertrauen schaffen

                Das Vertrauen in digitale Systeme und die damit betrauten Institutionen im Gesundheitswesen ist begrenzt. Und das nicht ohne Grund, denn unsere Gesundheitsdaten sind besonders sensibel. Viele Menschen sorgen sich, dass ihre Daten in falsche Hände geraten könnten. Das digitale Ökosystem soll deshalb einen Vertrauensraum schaffen, der in puncto Datensouveränität, Datenschutz und -sicherheit keine Kompromisse macht. Darüber hinaus gilt es, auch den Einsatz algorithmischer Systeme so transparent wie möglich zu gestalten und klare Verantwortlichkeiten für die Auswirkungen dieser Systeme festzulegen.

                Ein zentrales Alleinstellungsmerkmal des hier skizzierten Ökosystems bildet die qualitätsbasierte Auswahl von Informations- und Serviceanbietern und die damit angestrebte Vermeidung von Fehl- und Falschinformationen. Die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der über die Plattform vermittelten Informationen und Dienste ist somit Teil des Markenkerns und neben der Sicherstellung von Datensouveränität eine wichtige Voraussetzung für den Aufbau von Vertrauen.

                02
                Gesundheitskompetenz stärken

                Der Kernservice des neuen Ökosystems reagiert auf die empirische Befundlage zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Europa. Den Erhebungen zufolge hat über die Hälfte der Menschen erhebliche Schwierigkeiten, relevante Informationen zur eigenen Gesundheit zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und in Gesundheitsverhalten oder Entscheidungen einfließen zu lassen. Die nationale Gesundheitsplattform soll ihre Nutzerinnen und Nutzer effektiv dabei unterstützen, relevante, qualitätsgesicherte und leicht verständliche Informationen zu identifizieren.

                Das Ökosystem soll mit Hilfe von Datenanalysen personalisiert werden, regionale Bezüge herstellen und situative Unterstützungs- und Informationsbedarfe der Nutzerinnen und Nutzer antizipieren. Dabei sollen sich die vorgehaltenen Informationen und Dienste nicht nur auf medizinische Aspekte beziehen, sondern dem ganzen Spektrum an Anforderungen entsprechen, die die Krankheitsbewältigung im Alltag, in der Familie, in Schule, Ausbildung und Arbeitswelt, im Sozial- und Freizeitleben aufwirft.

                03
                Nutzen stiften

                Der Erfolg oder Misserfolg einer Plattform ist eng mit der Größe der Community und ihrer Wachstumsgeschwindigkeit verknüpft. Folglich gilt es, Hürden für eine Beteiligung abzubauen und einen möglichst großen Nutzen für Patientinnen und Patienten zu stiften. Das kann nur gelingen, wenn diese von Beginn an in den Fokus der Produktentwicklung gerückt werden.

                Gleichzeitig muss auch auf Seiten der Anbieter von Informationen und digitalen Services Akzeptanz für das digitale Ökosystem geschaffen werden. Deshalb muss die Plattform auch hier Nutzen und Anreize generieren und dabei die Eigenständigkeit der teilnehmenden Akteure respektieren. Die Herausforderung des Ökosystem-Designs liegt folglich darin, einen für alle Seiten spürbaren Mehrwert zu schaffen.

                04
                Datensolidarität stärken

                Durch den Betrieb der Plattform entstehen neue Daten, Datenflüsse und Schnittstellen, die nicht nur der Optimierung des eigentlichen Angebots dienen, sondern gleichzeitig wichtige Informationen zur Steuerung der gesundheitlichen Versorgung liefern können. Eine effektive Nutzung dieser Daten kann einen relevanten Beitrag leisten, um die Versorgung zu verbessern und das Gesundheitswesen zu einem lernenden System weiterzuentwickeln.

                Derartige Analysen setzten eine hohe Datendurchlässigkeit zwischen der Versorgungslandschaft, der Forschung und der Systementwicklung voraus. Die nationale Gesundheitsplattform soll an dieser Stelle neue Optionen eröffnen und Einwilligungslösungen bereithalten, um Daten zu teilen und Datensolidarität Wirklichkeit werden zu lassen.

                05
                Zielgruppen berücksichtigen

                Das Plattformkonzept fokussiert auf die übergeordnete Zielgruppe der Patientinnen und Patienten bzw. auf all jene, die das Gesundheitssystem nutzen. Der Aufbau der Plattform soll sich aber am Zielbild der gesundheitlichen Teilhabe orientieren. Deshalb gilt es, der hohen Diversität der unterschiedlichen Zielgruppen gerecht zu werden und dabei vor allem die vulnerablen Gruppen zu berücksichtigen, die häufig von Krankheit betroffen oder bedroht sind. Hierzu zählen etwa Menschen mit geringen sozio-kulturellen und ökonomischen Ressourcen, Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung.

                Um den sehr unterschiedlichen Bedürfnissen dieser Gruppen gerecht werden zu können, bedarf es neben der Bereitstellung mehrsprachiger Informationszugänge auch des Angebots kultur- und diversitätssensibler Inhalte. Gleichzeitig sollten über personalisierte Angebote Möglichkeiten geschaffen werden, Informationen und Services an individuelle Präferenzen und Kompetenzen anzupassen.

                06
                Kooperativ entwickeln

                Die Produktentwicklung und -gestaltung soll die Nutzerbedürfnisse in den Mittelpunkt rücken, um eine optimale Nutzererfahrung (engl. User Experience, UX) zu erzeugen. Dies bedingt die systematische Erfassung von Bedürfnissen, Fähigkeiten und Wünschen der unterschiedlichen Zielgruppen, etwa über Interviews, Befragungen, Fokusgruppen und Studien. Doch auch im Prozess einer partizipativen Produktentwicklung können potenzielle Nutzerinnen und Nutzer mitwirken und wichtige Impulse für die Gestaltung liefern. Ebenso notwendig sind regelmäßige Nutzertestungen, auf deren Basis beständig Optimierungen vorgenommen werden können.

                Bei der Einbeziehung unterschiedlicher Nutzergruppen ist der jungen Generation ein besonderer Stellenwert beizumessen, denn junge Menschen sind die Nutzer eines digitalen Gesundheitswesens der Zukunft und sollten nicht nur in den Entwicklungsprozess einbezogen werden, sondern Gelegenheit erhalten, auf Augenhöhe aktiv mitzugestalten (Meaningful Youth Engagement).

                07
                Niemanden zurücklassen

                Trotz aller Bemühungen um ein möglichst nutzerfreundliches und niedrigschwelliges digitales Angebot gilt es, Menschen mit einer geringen Digitalkompetenz oder einem eingeschränkten Zugang zu digitalen Systemen einzuschließen und einer Verstärkung oder gar Entstehung von Ungleichheit (Digital Health Divide) entgegenzuwirken.

                Dies kann nur gelingen, wenn die Grenzen zwischen digitaler und analoger Welt fließend verlaufen: So müssen die Vorteile und Möglichkeiten der nationalen Gesundheitsplattform über eine Einbindung in persönliche Beratungs- und Informationsangebote auch auf anderen Wegen zugänglich gemacht werden – etwa im medizinischen Behandlungskontext, über Patientenlotsen oder institutionelle Angebote wie die Unabhängige Patientenberatung.

                08
                Trägerschaft institutionalisieren

                Eine nachhaltige Finanzierung und institutionelle Verankerung liefern die Basis für die Implementierung eines digitalen Ökosystems und die damit verbundene Neuordnung der Informationsarchitektur im Gesundheitswesen. Deshalb wird das Ökosystem-Design in ein Modell für eine rechtssichere, handlungsfähige und unabhängige Trägerstruktur eingebettet. Dieses Modell soll unterschiedliche Finanzierungsperspektiven aufzeigen und ein institutionelles Gerüst für den Aufbau, den laufenden Betrieb und die Weiterentwicklung des digitalen Ökosystems entwerfen.

                Die Trägerinstitution sollte bei allen teilnehmenden Akteuren des Ökosystems auf Akzeptanz stoßen und sich gleichzeitig den Interessen der Patientinnen und Patienten verpflichtet fühlen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass staatliche Informationstätigkeit besonderen rechtlichen Anforderungen unterliegt. Gegebenenfalls ist es zudem zweckmäßig, bestimmte Aufgaben innerhalb des Ökosystems durch unterschiedliche Gesellschaften bzw. Organe wahrnehmen zu lassen und das Ökosystem als Dachorganisation auszurichten.

                09
                Wettbewerb stärken

                In dem hier skizzierten digitalen Ökosystem sollte es nicht zu den Aufgaben des Plattformbetreibers gehören, Informationen und Services selbst zu entwickeln und anzubieten. Stattdessen sollte die Plattform Informations- und Serviceanbietern die Gelegenheit geben, sich in das Ökosystem einzubringen. Dabei ist darauf hinzuwirken, die am Markt tätigen Unternehmen nicht auszuschließen oder zu benachteiligen. Im Gegenteil sollte es erklärtes Ziel sein, die Innovationskraft der europäischen Health-Tech-Wirtschaft für die Plattform zu erschließen.

                Auch in Bezug auf die Datenstrategie soll die nationale Gesundheitsplattform einen entscheidenden Unterschied zu den kommerziellen Anbietern machen, denn sie soll kein exklusives Datenmonopol anstreben. Im Gegenteil könnten Datengrundlagen und Schnittstellen von öffentlich-rechtlichen Institutionen im Rahmen einer Open-Data-Strategie bereitgestellt werden, um einem Verdrängungswettbewerb vorzubeugen.

                10
                International denken

                Unser Konzept für eine nationale Gesundheitsplattform entwickeln wir prototypisch für das deutsche Gesundheitssystem. Digitale Transformation ist jedoch kein nationales Phänomen und kennt keine Grenzen. Im Gegenteil: Sie führt nationale Gesundheitssysteme in einen globalen Gesundheitsmarkt mit neuen Herausforderungen, die internationale Lösungsstrategien und Zusammenarbeit erfordern.

                Deshalb stimmen wir unsere Plattformstrategie mit internationalen Partnerorganisationen ab, orientieren uns an europäischen Interoperabilitätsstandards und denken die internationale Skalierung unserer Plattformstrategie von Anfang an mit. Langfristig eröffnet sich so die Perspektive einer Verschmelzung nationaler Gesundheitsplattformen zu einem föderierten Plattformökosystem in Europa.

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