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Mit den Risiken der Plattformökonomie umgehen

Transkript

Intro

Es zeichnet sich also ab, dass die Risiken im Gesundheitswesen weit größer und vielfältiger sein werden als in anderen, weniger anfälligen Wirtschaftsbereichen wie Social Media und E-Commerce.

Könnten öffentliche Plattformen eine Lösung sein?

Ich halte öffentliche Plattformen gerade im Gesundheitswesen für sehr wichtig. Im Gesundheitswesen sind die Daten heute fragmentiert und auf viele unterschiedliche herkömmliche Institutionen verteilt, ähnlich wie im Bankwesen. Schauen wir uns an, was in Indien durch die Schaffung des India Stack geschah: Hier wurde eine öffentliche Infrastruktur geschaffen, die es unterschiedlichen Stakeholdern im gesamten Finanzwesen erlaubt zusammenzuarbeiten.

Ein ähnlicher Ansatz würde auch im Gesundheitswesen funktionieren, wo die herkömmlichen Institutionen mit neuen Start-ups zusammenarbeiten müssen. Große öffentliche Datennetzwerke könnten einen Mechanismus bieten, um diese Zusammenarbeit zu koordinieren. Deshalb plädiere ich im Gesundheitswesen entschieden für die Schaffung öffentlicher digitaler Infrastrukturen, selbst wenn andere Bereiche ohne sie ausgekommen sind.

Welche Ziele können durch gesetzliche Regulierung erreicht werden?

Die möglichen Nachteile der Plattformökonomie können bis zu einem gewissen Grad durch gesetzliche Regulierung vermieden werden. Zurzeit herrschen in der Plattformökonomie Zustände wie im Wilden Westen. Es gibt keine Vorgaben, was mit den gewonnenen Daten geschehen darf. Gesetzgebung spielt dann eine wichtige Rolle, wenn die Konzentration in einem Wirtschaftszweig zu groß wird oder das Individuum zu sehr entmachtet wird.

Doch genauso wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass Gesetze die Innovation nicht ersticken und dass wir einen eigenen Wert als Gegengewicht schaffen und Innovation durch öffentliche Infrastrukturen und Standards fördern, die es den Unternehmen erleichtern, ihre Zusammenarbeit zu koordinieren. Daher ist es wichtig, dass wir hier nicht nur einen regulierungsfördernden Ansatz verfolgen. Wir schaffen ein Gegengewicht zu den Gefahren, indem wir die richtigen Voraussetzungen für Innovation bereitstellen.

Sollten nationale Gesundheitssysteme mit dem privaten Sektor in Wettbewerb treten?

Für das Gesundheitsökosystem wäre es kontraproduktiv, wenn nationale Gesundheitssysteme mit Akteuren des privaten Sektors konkurrieren würden. Um Probleme im Gesundheitsökosystem systematisch zu lösen, brauchen wir nationale Gesundheitssysteme, die die richtigen öffentlichen Güter rund um Patientendaten schaffen, aber wir brauchen auch Anreize für privatwirtschaftliche Akteure, gute Diagnosemöglichkeiten zu entwickeln, indem sie diese Daten nutzen.

Inhalt

Experte

Sangeet Paul Choudary ist Autor, Berater und Gründer von Platformation-Labs und setzt sich für individuelle Rechte in der Plattformwirtschaft ein. Sein internationaler Bestseller “Platform Revolution” wurde vom Forbes Magazine zum “Must-Read” erklärt. Er wird unter den besten 10 Strategie-Autoren des Harvard Business Review geführt und wurde von Thinkers50 Radar (2016) und Thinkers50 India (2015) ausgezeichnet. 2017 wurde er für seine Beiträge zur Plattformökonomie 2017 vom Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) zum “Young Global Leader” ernannt.

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    Die Kraft der Plattformökonomie im Gesundheitswesen

    Transkript

    Intro

    Im Gesundheitssystem könnte die Plattformwirtschaft diagnostische Kompetenz bündeln und im Wesentlichen den Behandlungsweg des Patienten und den Zugang von Ärzten zu diesem Behandlungsweg auf Grundlage dieser Daten überwachen.

    Was unterscheidet die Plattformwirtschaft von herkömmlichen Geschäftsmodellen?

     Plattformwirtschaft bezeichnet die Gesamtheit der sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten, die durch digitale Plattformen ermöglicht werden. Digitale Plattformen unterscheiden sich von herkömmlichen Geschäftsmodellen. Herkömmliche Geschäftsmodelle beschreibe ich gern als Pipelines. Hier wird ein Produkt erzeugt, transportiert und dem Endnutzer zur Verfügung gestellt. Digitale Plattformen schaffen eine Infrastruktur, die es externen Akteuren erlaubt, in Kontakt zu treten und miteinander Wert zu schaffen und auszutauschen.

    Dies ist aus folgendem Grund wichtig: In einer herkömmlichen Pipelinewirtschaft waren Ihre Möglichkeiten, Wert zu schöpfen, begrenzt durch Ihren Zugang zu Ressourcen und durch das Arbeitskräftepotential in Ihrem Betrieb. In der Plattformwirtschaft hängt ihre Kapazität für Wertschöpfung nicht von den Ressourcen innerhalb Ihres Unternehmens ab, sondern von Ihrer Fähigkeit, externe Ressourcen für Ihre Ziele einzusetzen. Dadurch profitieren Sie von dem, was als nachfrageseitige Skaleneffekte bezeichnet wird.

    Wie kann das Gesundheitswesen von der Plattformwirtschaft profitieren?

    Kaum ein anderer Bereich ist so prädestiniert, von der Plattformwirtschaft zu profitieren. Um das zu verstehen, müssen wir die Wertschöpfungskette im Gesundheitswesen betrachten. Es gibt drei Positionen, an denen Plattformen zur Wertschöpfung beitragen können. Für Ärzte können sie die Diagnosemöglichkeiten verbessern. Sie können eine Infrastruktur bieten, die es Ärzten erlaubt, genauer zu diagnostizieren und besser zu operieren. Eine andere Chance für Wertschöpfung ist näher bei den Patienten angesiedelt: Plattformen können als Depot für Patientendaten dienen und sie zusammenführen. Zwischen diesen beiden Polen können Plattformen eine wichtige integrierende Rolle spielen, indem sie die immer zahlreicher werdenden APIs für das Gesundheitssystem im gesamten Ökosystem auffinden und zugänglich machen.

    Welche Gefahren bestehen, wenn Plattformen in den Gesundheitsmarkt eintreten?

    Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Nutzung von Plattformen im Gesundheitssystem zu den gleichen Datenmonopolen führen könnte wie in anderen Sektoren. Der Grund hierfür ist, dass Plattformen Mehrwert erzeugen, indem sie Daten erheben und ein Kontrollmonopol über große Datenmengen errichten. Im Gesundheitswesen ist dies noch bedeutsamer, da hier ein großer Teil der Wertschöpfung durch datengestützte Diagnose und datengestützte Behandlung erzielt wird. Es gibt also vielfältige Anreize für Plattformen, Daten zu erfassen und große Datenmonopole zu schaffen, wenn sie ins Gesundheitswesen eintreten.

    Als Gegengewicht zu diesen Risiken müssen wir einerseits geeignete Richtlinien und Kontrollinstanzen schaffen. Noch wichtiger ist andererseits, dass die Alternativen, z.B. öffentliche Infrastrukturen, so gestaltet werden, dass die Regulierung nicht zum Hindernis für Innovation wird. Um ein Gegengewicht zu digitalen Plattformen zu schaffen, brauchen wir also eine Kombination dieser beiden Herangehensweisen.

    Wer wird zukünftig die Steuerung der Patientenströme übernehmen.

    Wer wird zukünftig die Steuerung der Patientenströme übernehmen?

    Mir erscheint es sehr wahrscheinlich, dass die Patientenströme der Zukunft nicht mehr von den traditionellen Institutionen des Gesundheitswesens kontrolliert werden. Während die Welt sich immer stärker vernetzt, müssen wir feststellen, wie fragmentiert das Gesundheitswesen derzeit ist. Die Patientendaten werden in fragmentierter Form von verschiedenen Institutionen aufbewahrt. Die zunehmende Vernetzung in der Welt führt natürlich dazu, dass auch Patientendaten konzentriert und gemeinsam genutzt werden. Gegenwärtig stehen wir vor der Wahl, ob große, multinationale Unternehmen oder öffentliche digitale Infrastrukturen den Austausch von Daten und ihre gemeinsame Nutzung durch unterschiedliche Systeme ermöglichen.

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    Experte

    Sangeet Paul Choudary ist Autor, Berater und Gründer von Platformation-Labs und setzt sich für individuelle Rechte in der Plattformwirtschaft ein. Sein internationaler Bestseller “Platform Revolution” wurde vom Forbes Magazine zum “Must-Read” erklärt. Er wird unter den besten 10 Strategie-Autoren des Harvard Business Review geführt und wurde von Thinkers50 Radar (2016) und Thinkers50 India (2015) ausgezeichnet. 2017 wurde er für seine Beiträge zur Plattformökonomie 2017 vom Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) zum “Young Global Leader” ernannt.

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