Intro
Wie schaffen wir Ökosysteme, die die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erhöhen? Wie schaffen wir Ökosysteme, die Prävention erleichtern?
Wie entsteht Vertrauen in eine digitale Plattform?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, auch zu sagen, was macht man denn, um Vertrauen herzustellen und zu schaffen. Da denke ich, sind zwei Ansätze wichtig. Das eine ist Klarheit. Was ist denn der Zweck für Bürgerinnen und Bürger? Und zum anderen Transparenz zu schaffen.
Ein schönes Beispiel aus meiner Sicht ist Estland. Die haben gesetzlich geregelt der Zweck, zu dem bestimmte Gesundheitsbedienstete auf Gesundheitsdaten zugreifen dürfen und wann das erlaubt ist und wann das nicht erlaubt ist. Und zum zweiten haben sie Transparenz geschaffen, indem Bürgerinnen und Bürger über das estnische Gesundheits- und Bürgerportal sich einloggen können, um zu sehen, wer auf welche Daten zugegriffen hat.
Was braucht es noch, um eine Gesundheitsplattform attraktiv zu machen?
Der Nutzen ist das zentrale Element. Und bei Gesundheitsplattformen und Gesundheitsökosystemen geht es oft darum, Services zu schaffen, die sowohl bei Patientinnen und Patienten und Bürgern einen Mehrwert schaffen, als auch bei den Leistungserbringern im Gesundheitswesen, sei es Krankenschwestern, Pfleger, Ärzte und Ärztinnen etc.
Oft sind diese Services auch miteinander verknüpft, dass dann ein Service sowohl für die Bürger da ist und in dem Service sind dann auch Leistungsbringer mit dabei. Deswegen ist es zentral nutzerzentriert, diese Services zu entwickeln und diese Nutzer und Stakeholder von Anfang an einzubinden, dass man dann idealerweise einen Service schafft, der auf der einen Seite einen Nutzen für idealerweise mehrere Stakeholder hat und auf der anderen Seite auch effektiv und effizient funktioniert für die, die dann den Service erbringen müssen.
Ein schönes Beispiel in der Hinsicht ist Dänemark. Die arbeiten sehr stark mit Nutzerpaneln und Nutzerinterviews und Surveys und der Ko-Kreation von Services mit Bürgern und Leistungserbringern zusammen, um dann am Endeffekt Service zu haben, die den Wert oder den Mehrwert für die Stakeholder haben, aber auf der anderen Seite auch effektiv und effizient gemanagt werden können, damit dann auch die Nutzerzahlen hochgehen können.
Welche Ziele sollte eine nationale Gesundheitsplattform verfolgen?
Die Ambition könnte sein, wie schaffen wir Ökosysteme, die die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erhöhen? Wie schaffen wir Ökosysteme, die Prävention erleichtern? Wie schaffen wir Ökosysteme, die es den Betroffenen erlauben, mit chronischen Krankheiten besser umzugehen? Und idealerweise auch, wie schaffen wir Ökosysteme, die es den Leistungserbringern und -erbringerinnen im Gesundheitswesen schaffen, mehr Zeit mit Patienten zu verbringen, weniger Zeit mit der Verwaltung? Ein wichtiges Konzept könnte das sein, offene Ökosysteme zu schaffen, indem dann in einem Ökosystem Drittanbieter ihre Services anbieten können, die dann bestimmte Qualitäts- und Transparenz- und Sicherheitskriterien erfüllen.
In Israel hat man so ein offenes Ökosystem geschaffen. Das sind zwei interessante Bereiche. Der eine Bereich ist Gesundheitsdatenaustausch, dass dann Arzt 2 weiß, was Arzt 1 mit Patient 3 vorher gemacht hat und dadurch bessere Behandlungen und bessere Behandlungsentscheidungen treffen kann. Das andere interessante Konzept ist das Thema Drittanbieter in einem Ökosystem, wo dann zum Beispiel Start-ups oder allgemein Gesundheitsfirmen solche Services in einem Ökosystem anbieten können. Und aus Sicht eines Landes kann das dann nochmal einen richtigen Innovationsschub schaffen, indem man die Innovationskraft der Gesundheitsfirmen bündelt, ein Stück weit auch eine Plattform schafft und für die Bürger einfach zugänglich macht.
Experte
Dr. Tobias Silberzahn ist Biochemiker und arbeitet als Partner im Berliner Büro von McKinsey. In seiner Arbeit dreht sich alles um das Thema Gesundheitsinnovation und „Health Tech Business-Building“. Zusätzlich leitet Tobias Silberzahn das globale Health Tech Network, ein Netzwerk von über 1.800 CEOs/Gründern digitaler Gesundheitsfirmen, 250 Investoren und 300 Corporates, und ist Mitherausgeber des jährlichen „eHealth Monitors“, einem Buch zur Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems im MWV-Verlag. Innerhalb von McKinsey leitet Tobias Silberzahn ein präventives Gesundheitsprogramm, das die Themen Schlaf, Ernährung, Fitness und Stressmanagement abdeckt.