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Öffentliche Gesundheit – Auswirkungen von Desinformation

Transkript

Intro

Die Infodemie können wir nur mit vertrauenswürdigen Informationen und einer besseren Gesundheitskompetenz bekämpfen.

Wie gefährlich ist die Infodemie für Patientinnen und Patienten?

Die Infodemie ist sehr gefährlich für Patientinnen und Patienten. Sie ist die Krankheit des Internets, die leider die Grenze zwischen dem Internet und dem Leben der Menschen überschreitet. Fehlinformationen können Folgen für die öffentliche Gesundheit und für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten haben. Zum Beispiel können sie zu Impfskepsis und -widerstand führen – und auch zu fälschlichen, nicht evidenzbasierten Überzeugungen. Während der Pandemie lösten sie sogar einen Ansturm auf Produkte aus, die für Patientinnen und Patienten ungeeignet und sogar gefährlich waren.

Was brauchen Patientinnen und Patienten in Zeiten der digitalen Transformation?  

In Zeiten der digitalen Transformation ist Vertrauen das Erste, was Patientinnen und Patienten benötigen. Sie müssen darauf vertrauen können, dass sie qualitativ hochwertige Informationen erhalten. Und sie müssen sicher sein, dass mit den Informationen und Daten, die sie dem Gesundheitssystem bereitstellen, korrekt umgegangen wird und diese Daten dazu verwendet werden, ihr eigenes Leben und das Leben anderer zu verbessern. So gesehen würde ich das aus der Perspektive der digitalen Gesundheit so übersetzen: Wie können neue, digitale Technologien dazu beitragen, Dinge schneller und besser zu machen sowie bessere Behandlungsergebnisse bei den Patientinnen und Patienten zu erzielen?

Was muss auf europäischer Ebene geschehen, um eine vertrauenswürdige Informationsarchitektur zu erreichen?

Europa braucht eine vertrauenswürdige Informationsarchitektur auf europäischer Ebene. Im Moment haben wir aber keine. Mit der Gesetzgebung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum sollten wir sie aber bekommen. Um das zu erreichen, müssen wir sicherstellen, dass die Patientinnen und Patienten an der Gestaltung der Informationsarchitektur und der verwendeten Instrumente weiterhin beteiligt bleiben: von elektronischen Gesundheitsakten bis hin zu nationalen Datengremien, die steuern, wie die Daten mit Forschung und Entwicklung geteilt werden. Und was noch passieren muss, ist eine massive Investition in die digitale und allgemeine Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten, der Bürgerinnen und Bürger.

Inhalt

Expertin

Anca Toma ist die Geschäftsführerin des Europäischen Patientenforums (EPF), das als Bindeglied zwischen Patientenorganisationen und EU-Politikern fungiert. Mit über 15 Jahren Erfahrung in der europäischen Gesundheitspolitik arbeitet sie in den Bereichen politische Interessenvertretung, strategische Kommunikation, Entwicklung und Koordination erfolgreicher europaweiter Interessenvertretungskampagnen.

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    Resilienz gegen Desinformation aufbauen

    Transkript

    Intro:

    Wir müssen viel kritischer gegenüber dem sein, was wir in den Nachrichten und in den sozialen Medien lesen und hören.

     

    Was ist Gesundheitskompetenz?

    Gesundheitskompetenz ist ein relativ neuer Begriff im Gesundheitsbereich. Er umfasst Wissen, Motivation und die Kompetenzen, Informationen zu finden, verstehen, beurteilen und anzuwenden, um Entscheidungen im Alltag zu treffen. Wenn wir also krank sind, wenn wir über Risikofaktoren sprechen wie Tabak oder Rauchen, wenn wir versuchen, gesund zu bleiben. Es geht aber auch darum, wie man sich im Gesundheitssystem zurechtfindet.

     

    Warum ist Gesundheitskompetenz so wichtig?

    Gesundheitskompetenz ist wichtig, weil es denjenigen, die das Wissen und die Motivation und Kompetenzen haben, auf sich selbst aufzupassen, auch gut geht. Sie führen ein besseres Leben, nehmen Gesundheitssysteme weniger in Anspruch. Und wenn wir Gesundheitskompetenz haben, sind wir auch in der Lage und können uns selbst vertrauen, wenn es darum geht zu unterscheiden, ob eine Information nun wahr ist oder ob es sich um Fake News handelt. Andererseits könnte es für Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz schwierig und zu komplex sein, ihre eigene Gesundheit zu managen und im Gesundheitssystem zu navigieren und sich zurechtzufinden. Und das kann nachteilige Auswirkungen haben. Sie sind häufiger im Krankenhaus, sie nehmen nicht an Screenings teil, möglicherweise wissen sie nicht, wie man sich gut ernährt.

     

    Was sagt die Forschung über Gesundheitskompetenz?

    Wir wissen aus europäischen Umfragen zur Gesundheitskompetenz, dass im Durchschnitt jeder Zweite mit Schwierigkeiten hat Informationen zu finden und zu verstehen und sie zu nutzen, um Maßnahmen zu ergreifen. Das bedeutet, dass es sich nicht nur um einen kleinen Teil der Menschen handelt, die Schwierigkeiten haben. Sondern es handelt sich um eine Herausforderung für die öffentliche Gesundheit, die wir angehen müssen.

     

    Warum tun sich so viele Menschen mit Gesundheitsinformationen schwer?

    Während der Pandemie haben wir gesehen, wie schwierig es war, mit Gesundheitsinformationen umzugehen.  Wir müssen viel kritischer mit dem umgehen, was wir in den Nachrichten und in den sozialen Medien lesen und hören. Wir wissen, dass wir auch auf Mythen, Verschwörungen treffen. Und die Menschen müssen in der Lage sein zu verstehen, was Fake News sind. Allerdings sind wir auch stark gefordert, weil manchmal Fake News auch von Menschen kommen, denen wir vertrauen. Und dies ist eine herausfordernde Zeit, in der Gesundheit überall in den Nachrichten und in den sozialen Medien behandelt wird.

     

    Wie können wir dieses Problem angehen?

    Wir können Gesundheitskompetenz und digitale Gesundheitskompetenz in Schulen vermitteln. Wir können von den Journalisten verlangen, eine prominentere Rolle einzunehmen bei der Darstellung von Gesundheitsthemen in den Nachrichten. Wir können Unternehmen, im öffentlichen und privaten Sektor, auffordern, sich mit Gesundheitskompetenz am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen, denn Gesundheitskompetenz ist für uns alle relevant. Und wir müssen sicherstellen, dass wir Zugang haben zu glaubwürdigen Informationen und zeitnahen Informationen sowie relevanten Informationen. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, kann die Einrichtung einer Gesundheitsdatenplattform sein. Eine digitale Gesundheitsplattform bietet so viele Möglichkeiten, den Menschen tatsächlich Gesundheit zu bringen.

    Inhalt

    Wer sich zu Gesundheitsthemen informieren möchte, fühlt sich oft im Dschungel der Informationen verloren. Umfragen zufolge verfügen viele Menschen nicht über die nötige Gesundheitskompetenz, um Fake News von vertrauenswürdigen Informationen zu unterscheiden. Dr. Kristine Sørensen, Präsidenten der „International Health Literacy Association“, erläutert in diesem Film, warum Gesundheitskompetenz wichtig ist und was eine nationale Gesundheitsplattform zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz beitragen kann.

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      Desinformation im Gesundheitswesen: Schöne neue Kommunikationswelt

      Transkript

      Intro

      Alles ist eigentlich anders und das bedeutet, dass aber alle Gesellschaftsbereiche lernen und sich entwickeln müssen und adaptieren müssen zu dem, wie die technologischen Disruptionen eben diese neue Kommunikationswelt gestalten.

      Wie schaffen es die Menschen, sich im digitalen Zeitalter gut zu informieren?

      Die Digitalisierung hat einfach das Konzept, wie wir uns informieren und kommunizieren, vom Kopf auf die Füße gestellt. Die Gesellschaft kommt nicht so schnell voran. Ihr fehlen bisher die nötigen Informations- und Nachrichten- kompetenzen, um wirklich souverän diesen Umgang zu meistern.

      Erstmal ist das ein Demokratisierungsprozess, weil viel mehr Menschen heute mitsprechen, mitreden, mitdiskutieren können und wollen, aber eben in dieser völligen Veränderung dieser Kommunikationslandschaft eben auch völlig neue Herausforderungen zu Tage kommen in Bezug auf Regulierung, in Bezug auf Verantwortung, in Bezug auf wen haben wir da überhaupt als Akteure gerade, als Akteure unterwegs.

      Und das macht es eben gar nicht so einfach für uns als Gesellschaft, schnell genug zu reagieren, weil die technologische Disruption ist einfach gigantisch und sehr, sehr schnell. Also man kann gar nicht so schnell hinterher räumen heutzutage und gute Regulierung und Ansätze finden, wird sich eben diese Welt schon wieder verändert und jetzt neue Dinge wie KI, Chat GPT, Midjourney alle relevant werden.

      Und das sorgt dafür, dass die Gesellschaft auch überfordert ist. Also fast alle Gesellschaftssysteme müssen sehr, sehr schnell lernen und adaptieren, ob das das Bildungssystem ist, ob das das politische System ist, ob das das Gesundheitssystem ist. Alle sind auf einmal Teil von dieser Form von Öffentlichkeit und müssen natürlich dort lernen, professionell zu kommunizieren und so die Menschen zu informieren, dass sie eben mitgenommen werden. Aber eben in dieser riesigen Informationsflut ist es gar nicht so einfach, wirklich zu navigieren und von A nach B zu finden, ohne irgendwie auf Werbung, Desinformation, Katzenvideos, was auch immer reinzufallen oder hängenzubleiben.

      Können Plattformen mit Qualitätsmechanismen vor Desinformation schützen?

      Die Plattformen können den wichtigsten Beitrag sogar mit leisten, die Menschen zu schützen vor Desinformation. Wenn wir uns an die Pandemie erinnern, gab es auf einmal völlig neue Informationsangebote von den verschiedenen Plattformen.

      Bei Google, wenn ich Corona gegoogelt habe, kam auf einmal eine Seitenleiste, die mir ganz viele relevante Informationen zur Pandemie gegeben hat. Zum Beispiel, wie ist die Inzidenz in meinem Land oder wie viele Leute sind schon geimpft oder wo finde ich eben relevante Gesundheitsinformationen? Da hat Google einen guten Job gemacht, mich quasi an die Hand zu nehmen, wenn ich Informationen versuche zu googeln.

      Andere Plattformen haben es anders gelöst, manchmal auch weniger gut. Zum Beispiel hat Instagram jeden Beitrag, der irgendwie das Wort Corona oder Covid-19 enthielt, geflaggt und gesagt “Achtung, hier geht es um Corona”. Andere Plattformen haben versucht, wie bei YouTube, besser zu kuratieren, was überhaupt angezeigt wird, wenn ich nach Suchbegriffen suche.

      In dem Moment, wo die Plattform entscheidet, den Menschen zu helfen, in dem vielleicht bestimmte Inhalte kuratiert werden oder noch ein gesondertes Informationsangebot mitgegeben wird, um die Qualität einer Quelle einzuschätzen, ist das eine Riesenhilfe. Und das können Informationen über die Quelle sein, warum ist diese Quelle vertrauenswürdig oder weiterführende Informationen und Links. Und die Frage ist, wie viel Vertrauen geben die Menschen dieser Plattform, damit wir eben ein anderes Ergebnis haben.

      Im Idealfall haben wir richtig viel gelernt aus der Pandemie und wissen ziemlich genau, wenn man jetzt zum Beispiel eine neue Plattform baut, wie man diese ganzen Fragen vorher mitdenken kann. Indem ich ein Qualitätssystem aufsetze, was vorher entscheidet, welche Quellen dürfen überhaupt mitmachen, wenn man so möchte. Und ich vorher ein Regelwerk mir überlege, was genau sagt, das sind Trusted Informations und das sind eben Desinformationen, die auf unserer Plattform nichts zu suchen haben.

      Und da kann man, glaube ich, sehr viel von dem, was Google gemacht hat, wie YouTube Quellen markiert hat, wie andere Plattformen vielleicht weiterführende Links gegeben haben, lernen und mitnehmen, um eben dann in einem neuen Kommunikationsumfeld wirklich qualitativ hochwertige Informationen anbieten zu können.

      Inhalt

      Experte

      Alexander Sängerlaub ist Direktor und Co-Gründer von futur eins. Er beschäftigt sich holistisch mit digitalen Öffentlichkeiten und der Frage, wie die Utopie einer informierten Gesellschaft erreicht werden kann. Zuvor baute er im Berliner Think Tank Stiftung Neue Verantwortung den Bereich “Stärkung digitaler Öffentlichkeit” mit auf und leitete dort Projekte zu Desinformation (“Fake News”), Fact-Checking und digitaler Nachrichtenkompetenz. Er studierte Publizistik, Psychologie und Politische Kommunikation an der Freien Universität in Berlin.

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        Gesundheitskompetenz und Infodemie

        Dr. Sebastian Schmidt-Kaehler
        Prof. Dr. Doris Schaeffer

        Gesunde Entscheidungen erfordern gute Informationen. Gesundheitskompetenz bildet die Summe der Fähigkeiten, die wir benötigen, um uns diese Informationen im Alltag zu erschließen. In einem Zeitalter, in dem Informationen im Überfluss vorhanden sind und digitale Plattformen einen nahezu uneingeschränkten Zugang zu Wissen bieten, haben viele Menschen jedoch große Schwierigkeiten, sich in der Informationsflut zurechtzufinden. In Verbindung mit dem Phänomen der sich im Netz immer schneller ausbreitenden Fehl- und Falschinformationen entsteht ein gefährliches Gemisch, das die Gesundheitssysteme schon heute vor große Herausforderungen stellt.

        Der Begriff der Gesundheitskompetenz (engl. Health Literacy) fasst ein ganzes Bündel unterschiedlicher Fähigkeiten zusammen. Es reicht von der Suche nach passenden Informationen über das Verstehen, die Beurteilung bis zur Umsetzung neuen Wissens auf der Verhaltensebene. Der Begriff bezeichnet nicht nur das Verständnis gesundheitsrelevanter Begriffe und Konzepte, sondern schließt auch Problemlösungs- und Interaktionskompetenzen sowie den Umgang mit Informationstechnologien ein. Dazu gehört auch der kompetente Umgang mit persönlichen Daten sowie die Fähigkeit, Informationen aus digitalen Quellen zu prüfen, Desinformation zu erkennen und entsprechend einzuordnen.

        “Gesundheitskompetenz „umfasst das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, gesundheitsrelevante Informationen in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag … Entscheidungen treffen zu können.“

        Kristine Sørensen (2012)

        Wie es um die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung steht, zeigt unter anderem der “European Health Literacy Population Survey“ (HLS19) aus dem Jahr 2021, an dem 17 europäische Länder beteiligt waren. Demnach berichtete fast die Hälfte der Befragten von erheblichen Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen. Dabei fiel die Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit und Qualität von Informationen am schwersten. Zudem hatten rund 40 Prozent der Befragten über alle Länder hinweg eigenen Angaben zufolge Schwierigkeiten, aufgrund von Informationen aus den Medien zu entscheiden, wie sie sich vor Krankheiten schützen können. In Deutschland beträgt dieser Anteil sogar rund 61 Prozent, und auch die Gesundheitskompetenz fällt schlechter aus: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung – konkret 58,8 Prozent – weisen hierzulande eine geringe Gesundheitskompetenz auf.

        Schwerwiegende Folgen

        Probleme im Umgang mit Gesundheitsinformationen haben nicht nur Folgen für die individuelle Gesundheit, sondern wirken sich auf das Gesundheitssystem insgesamt aus. So geht eine geringe Gesundheitskompetenz häufig mit ungesundem Verhalten und einer deutlich intensiveren Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems – insbesondere der Krankenhaus- und Notfallversorgung, aber auch Arztbesuchen – einher. Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz haben Schwierigkeiten, Packungsbeilagen von Arzneimitteln zu verstehen, Informationen zu einer Erkrankung richtig einzuschätzen, Behandlungsoptionen abzuwägen oder die richtige Anlaufstelle im Gesundheitssystem auszumachen. Sie nehmen präventive Angebote seltener in Anspruch und weisen höhere Morbiditätsraten und sogar vorzeitige Sterbefälle auf.

        Von der Infodemie zur Infokalypse

        Auch, wenn digitale Technologien den Umgang mit Informationen erheblich erleichtern können, erhält die empirische Befundlage zur Gesundheitskompetenz unter dem Einfluss der digitalen Transformation eine neue Brisanz: Die Reiz- und Sinnesüberflutung durch Informationen ist im digitalen Zeitalter selbst zu einem Gesundheitsrisiko geworden, und die Verbreitung irreführender und auch widersprüchlicher Informationen sorgt zunehmend für Verunsicherung. Im Netz treffen Menschen immer häufiger auf Bots und täuschend echte Videomanipulationen, die die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen lassen. Der Technologieforscher und IT-Berater Aviv Ovadya zeichnet in diesem Zusammenhang das dystopische Bild einer „Infokalypse“, in der moderne Technologien Wahrheit und Vertrauen vollständig erodieren lassen.

        Die Echokammern der sozialen Netzwerke lassen schon heute abgeschottete Öffentlichkeiten entstehen, in denen sich falsche und irreführende Informationen mit hoher Geschwindigkeit „viral“ verbreiten können. Um dieses Phänomen zu beschreiben, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Begriff der „Infodemie“ geprägt. Er bezieht sich nicht nur auf die rasche Ausbreitung, sondern auch auf die gesundheitlichen Risiken, die mit Desinformation einhergehen.

        “Es ist unverkennbar, dass digitale Gesundheit die Gegenwart und Zukunft unserer Gesundheitssysteme darstellt, daher müssen wir sicherstellen, dass es keine Gewinner oder Verlierer gibt, sondern dass jeder profitiert und niemand zurückgelassen wird.”

        Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa (2023)

        Eine internationale Vergleichsstudie der WHO für die Region Europa aus dem Jahr 2023 offenbart, dass viele Länder zwar große Fortschritte im Aufbau der technischen Infrastruktur verzeichnen, aber nur die Hälfte von ihnen über Konzepte zur Verbesserung der digitalen Gesundheitskompetenz verfügt. Hier droht das Risiko ungleicher Gesundheitschancen infolge einer sich verschärfenden digitalen Spaltung der Gesellschaft.

        Resilienz gegen Desinformation

        Verfügen Menschen über eine hohe Gesundheitskompetenz, sind sie besser in der Lage, falsche oder irreführende Informationen zu erkennen und entsprechend einzuordnen. Gesundheitskompetenz kann folglich die Resilienz und Widerstandsfähigkeit gegen Desinformation stärken und so gesundheitliche Risiken in der Bevölkerung verringern. Sie ist ein wichtiger Schlüsselfaktor für eine gelingende digitale Transformation des Gesundheitswesens. Deshalb ist es an der Zeit, zu handeln und Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz zu ergreifen. Dabei geht es keineswegs nur darum, die individuellen Kompetenzen und Ressourcen der Bevölkerung zu fördern. Um die Situation für Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz zu verbessern, bedarf es auch eines nutzerfreundlichen Gesundheitssystems, das Anforderungen reduziert und den Umgang mit Informationen erleichtert.

        Es bedarf nutzerfreundlicher und nutzenbringender digitaler Anwendungen und Informationsangebote, die die individuellen Lernvoraussetzungen, Bedarfe und Präferenzen der Nutzerinnen und Nutzer berücksichtigen und wirksame Mechanismen zur Qualitätssicherung vorhalten. Schließlich braucht es digitale Orte, an denen sich Patientinnen und Patienten sicher bewegen können, Datenschutz und ein größtmögliches Maß an Datensicherheit gewährleistet wird und an denen sie kuratierte Informationen erhalten, um auf dieser Basis im Behandlungsprozess mitwirken und gesunde Entscheidungen treffen zu können.

        Literatur

        Kickbusch I, Pelikan J M, Apfel F, Tsouros A D (‎2013)‎. Health literacy: the solid facts. World Health Organization. Regional Office for Europe. https://apps.who.int/iris/handle/10665/326432

        Rudd R (2006). The Health Literacy Environment of Hospitals and Health Centers. National Center For the Study of Adult Learning and Literacy. www.hsph.harvard.edu/healthliteracy

        Schaeffer D, Vogt D, Quenzel G, Berens E M, Messer M, Hurrelmann K (2017). Health Literacy in Deutschland. In: D. Schaeffer und J M Pelikan (Hrsg.), Health Literacy: Forschungsstand und Perspektiven. Bern.

        Schaeffer D, Berens E-M, Gille S, Griese L, Klinger J, de Sombre S, Vogt D, Hurrelmann K (2021). Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland vor und während der Corona Pandemie. Ergebnisse des HLS-GER 2. Bielefeld. Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK), Universität Bielefeld.

        Sørensen K, Van den Broucke S, Fullam J, Doyle G, Pelikan J, Slonska Z, Brand H, European Consortium Health Literacy Project (2012). Health literacy and public health: a systematic review and integration of definitions and models. MC Public Health 12, 80. DOI: 10.1186/1471-2458-12-80

        The HLS19 Consortium of the WHO Action Network M-POHL (2021). International Report on the Methodology, Results, and Recommendations of the European Health Literacy Population Survey 2019-2021 (HLS19) of M-POHL. Austrian National Public Health Institute. Vienna.

        Warzel C (2018). Believable: The Terrifying Future of Fake News. https://www.buzzfeednews.com/article/charliewarzel/the-terrifying-future-of-fake-news

        WHO – World Health Organization (2020). Infodemic management: a key component of the COVID-19 global response. Weekly Epidemiological Record 95(16), 145–148.

        WHO – World Health Organization (2023). The ongoing journey to commitment and transformation: digital health in the WHO European Region. WHO Regional Office for Europe. Copenhagen.

        Autor/Autorin

        Dr. Sebastian Schmidt-Kaehler ist als Co-Director mitverantwortlich für das Gesundheitsprogramm der Bertelsmann Stiftung. Zuvor arbeitete er als geschäftsführender Gesellschafter der Patientenprojekte GmbH, einer auf den Bereich der Patientenkommunikation spezialisierten Organisations- und Unternehmensberatung. Von 2011 bis 2015 war Schmidt-Kaehler Bundesgeschäftsführer der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Er ist Mitglied im Expertenrat des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz.

        Prof. Dr. Doris Schaeffer ist Senior Professorin an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, Ko-Leiterin des Zentrums für Interdisziplinäre Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) und Senior Fellow an der Hertie School of Governance. Sie ist Initiatorin und Mitherausgeberin des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz in Deutschland und Mitglied des 2018 gegründeten EHII Action Network on Measuring Population and Organizational Health Literacy (M-POHL). Von 2010 bis 2014 war Schaeffer Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen des Bundesministeriums für Gesundheit.

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