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Unser Konzept in der Gesamtschau

Die nationale Gesundheitsplattform steht in unserer Vision für eine vertrauenswürdige Informationsarchitektur im Gesundheitswesen, die den Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen erleichtert und die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Informationen verbessert. Dieser Beitrag erfasst das von uns konzipierte digitale Ökosystem aus der Vogelperspektive und beschreibt die wichtigsten Akteure, Rollen und Prozesse.

Der Kernservice des Ökosystems ermöglicht eine personalisierte Zusammenstellung von qualitätsgesicherten Informationen und Services, die dem individuellen Informationsbedarf im Zeitverlauf folgen (vgl. Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform). So erhalten Patientinnen und Patienten immer die passende Information zum richtigen Zeitpunkt. Durch die Zusammenführung von Inhalten zertifizierter Anbieter ermöglicht die Plattform eine gezielte Auswahl und Bereitstellung vertrauenswürdiger Informationen und Dienste. Basierend auf individuellen Kontextfaktoren der Nutzerinnen und Nutzer, wird diese Auswahl dann speziell auf den situativen Unterstützungsbedarf zugeschnitten (vgl. Informationsvermittlung als Prozess begreifen).

Diese prozesshafte Begleitung mit maßgeschneiderten Informationen und Serviceangeboten unterstützt informierte Entscheidungen, fördert die Gesundheitskompetenz und leistet so einen wichtigen Beitrag zum Umgang mit der eigenen Gesundheit (vgl. Gesundheitskompetenz: Herausforderung der Zukunft). Die Realisierung dieser Produktvision erfordert jedoch weit mehr, als lediglich eine technische Plattform mit algorithmischen Systemen bereitzustellen: Es braucht vor allem das konstruktive Zusammenspiel und die Interaktion zwischen einer Vielzahl von Akteuren und Playern. Diese bilden gemeinsam das digitale Ökosystem rund um die nationale Gesundheitsplattform, tragen zur Zielerreichung bei und profitieren von ihrer Teilnahme (vgl. Nutzenmodell für eine nationale Gesundheitsplattform).

Vermittlung vertrauenswürdiger Gesundheitsinformationen und -services

Ein Kernelement der Plattform bilden die qualitätsbasierte Auswahl von Informations- und Serviceanbietern sowie die Vermittlung vertrauenswürdiger Informations- und Serviceangebote im Gesundheitswesen. Die redaktionelle Erstellung eigener Informationen zählt ausdrücklich nicht dazu – im Kontext eines Ökosystems ist es entscheidend, dass der Initiator und Betreiber einer digitalen Plattform nicht alle Funktionalitäten und Services selbst entwickelt. Stattdessen sollte im Mittelpunkt stehen, Grundlagen zu schaffen, auf deren Basis Partner ihre Dienste und Applikationen in das Ökoystem einbringen können. Die Plattform produziert also keine eigenen Inhalte und Angebote, sondern nimmt eine Vermittlerfunktion für kontextspezifische Gesundheitsinformationen und -services ein.

Dieses sogenannte „Brokering-Prinzip“ beruht auf der Rolle des Vermittlers zwischen Angebot und Nachfrage. Der „Broker“ stellt die Infrastruktur zur Verfügung und bietet eine nutzerfreundliche Schnittstelle, um beide Seiten zusammenzubringen. In diesem Zusammenhang bieten Plattformen oft auch Bewertungssysteme an, sprechen Empfehlungen aus oder tragen zur Personalisierung von Angeboten bei. Wir haben diesen Ansatz auf unser Konzept für eine nationale Gesundheitsplattform übertragen. Die Plattform vermittelt also zwischen den Anbietern von Gesundheitsinformationen und digitalen Diensten auf der einen und Patientinnen und Patienten auf der anderen Seite. Dabei ergänzt sie die reine Vermittlungstätigkeit durch eine personalisierte Aufbereitung und bedarfsgerechte Zusammenstellung der verfügbaren Angebote.

Plattformbetreiber

Der Plattformbetreiber übernimmt als zentrale Figur im digitalen Ökosystem eine Vielzahl von Aufgaben, um den reibungslosen Betrieb der Plattform sicherzustellen. Dazu zählt die Bereitstellung der technologischen Infrastruktur wie Software, Server, Datenbanken, Netzwerke, Schnittstellen und viele weitere technische Ressourcen. Zu den Aufgaben gehört aber auch, Plattformregeln zu etablieren, die teilnehmenden Akteure zu vernetzen, Interaktion zu fördern, einen vertrauenswürdigen Interaktionsraum zu schaffen und nicht zuletzt auch die Skalierung und das Wachstum von Plattform und Ökosystem.

Angesichts der vielfältigen Aufgaben und der angestrebten Größe des digitalen Ökosystems ergeben sich für den Plattformbetreiber hohe Anforderungen. Die Trägerorganisation muss unabhängig und bei allen teilnehmenden Akteuren akzeptiert sein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass staatliche Institutionen nur bedingt in Frage kommen, denn staatliche Informationstätigkeit unterliegt besonderen rechtlichen Anforderungen (vgl. Staatliches Informationshandeln: Was darf der Staat?). Um hier ein hohes Maß an Rechtssicherheit zu schaffen, ist eine staatsferne, zivilgesellschaftlich verankerte Trägerschaft zu bevorzugen.

Im Fall der nationalen Gesundheitsplattform erscheint es ratsam, bestimmte Aufgaben innerhalb des Ökosystems von unterschiedlichen Gesellschaften bzw. Organen wahrnehmen zu lassen und das Ökosystem als eine Art Dachorganisation zu begreifen. Die Trägerschaft und der Betrieb des digitalen Ökosystems könnten auf unterschiedliche Organisationseinheiten verteilt werden, um der Komplexität und Diversität an Rollenmodellen, Funktionen und Aufgaben gerecht zu werden. Alle beteiligten Organisationen könnten dann in einer gemeinnützigen und unabhängig finanzierten Holdingstruktur zusammengeführt werden (vgl. Trägerschaft: Staatlich oder privat organisiert?).

Informations- und Serviceanbieter

Um ein möglichst breites und vielfältiges Angebot auf der Plattform zu bündeln und die Innovationskraft der unterschiedlichen Player zu konzentrieren, sollte das Ökosystem staatlichen, zivilgesellschaftlichen wie auch kommerziellen Informations- und Serviceanbietern offenstehen. Deren Rolle besteht darin, das jeweils eigene Angebot einzubringen und die Plattform so mit Leben zu füllen. Zu den relevanten Angeboten zählen klassische Informationsportale ebenso wie digitale Services, etwa die Buchung von Arztterminen oder die Suche nach Spezialistinnen und Spezialisten.

Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Ökosystem ist die Erfüllung klar definierter Qualitätsanforderungen, die auf Anbieterebene nachgewiesen werden müssen. Hierzu sieht unser Konzept ein Zertifizierungsverfahren vor, das sich auf die Struktur- und Prozessqualität konzentriert (vgl. InfoCure: Qualität sichtbar machen). All jene Anbieter, die über ein gültiges Zertifikat verfügen, können ihre Informationen und Leistungen in das Ökosystem einbringen. Im Ergebnis entsteht ein vertrauenswürdiger Pool aus Informationen und Diensten, die ausschließlich von geprüften Anbietern stammen.

Pfadmodellentwickler

Die Recherche nach vertrauenswürdigen Gesundheitsinformationen gleicht häufig einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Die Herausforderung für Patientinnen und Patienten besteht darin, diejenigen Informationen herauszufiltern, die auch tatsächlich zu ihrer aktuellen Situation passen. Die nationale Gesundheitsplattform kann hier Hilfestellung leisten, indem sie personalisierte Informationen mit hoher Passgenauigkeit aktiv anbietet und in einen strukturierten Lern- und Interaktionsprozess, einen sogenannten Patienteninformationspfad (Patient Information Pathway), einbettet (vgl. Informationsvermittlung als Prozess begreifen).

Auf ihrem Informationspfad erhalten die Nutzerinnen und Nutzer der Plattform personalisierte Informationen und Serviceangebote, die der jeweiligen Krankheits-, Bewältigungs- und Versorgungsphase entsprechen (vgl. Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform). Je nach Indikation folgen diese Pfade einem bestimmten Muster bzw. Pfadmodell: Während bei der Diagnosestellung zunächst grundlegende Informationen zur Erkrankung benötigt werden, geht es in der Folge meist um das Abwägen konkreter Behandlungsalternativen. Gerade bei chronischen Erkrankungen rückt dann im Zeitverlauf oft auch der Umgang mit der Erkrankung in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Derartigen Mustern folgend, lassen sich für einen großen Teil der Erkrankungen erwartbare Verläufe des Informationsbedarfs modellieren. Mit Hilfe solcher Modelle können automatisiert Informationen chronologisch angeordnet und auch solche Informationen angeboten werden, nach denen Patientinnen und Patienten gar nicht aktiv gesucht hätten. Dies könnten etwa Hinweise auf sozialrechtliche Themenstellungen sein, die in der jeweiligen Behandlungsphase relevant sind.

Für die Gestaltung solcher Pfadmodelle braucht es im Ökosystem neben den Anbietern eine weitere Rolle: die der Pfadmodellentwickler. Dabei handelt es sich um qualifizierte Expertinnen und Experten, die Vorlagen für Verläufe des Informations- und Unterstützungsbedarfs definieren. Diese Rolle könnten dezentral unterschiedliche Akteure, etwa Fachgesellschaften oder Selbsthilfeverbände übernehmen. Sie könnten dazu beitragen, dass innerhalb kurzer Zeit eine sehr große Zahl von Pfadmodellen entsteht.

Kontextanbieter

Durch die Modellierung von Vorlagen lassen sich Informationen in einer bestimmten Reihenfolge anordnen. Die Modelle liefern jedoch keine Informationen darüber, an welcher Position im Zeitverlauf sich die Patientinnen und Patienten gerade befinden, welche zusätzlichen Informationsbedarfe möglicherweise auftreten und welche Entscheidungen im Behandlungsverlauf getroffen werden. So variiert der Informationsbedarf erheblich, je nachdem, ob eine Erkrankung beispielsweise konservativ oder operativ behandelt wird.

Um das Angebot wirklich bedarfsgerecht zuschneiden zu können und einen individuellen Informationspfad entstehen zu lassen, ist eine Dynamisierung der Pfadmodelle notwendig. Diese könnte beispielsweise auf der Basis regelmäßiger Selbstangaben der Nutzerinnen und Nutzer erfolgen. Die umfangreiche Erfassung solcher Angaben ist aus Nutzersicht jedoch unkomfortabel, funktioniert in der Praxis nur selten und ist nicht zuletzt auch Teil des Dilemmas bei der Nutzung von Suchmaschinen. Wie aber kann die Plattform „wissen“, welche Informationen ihre Nutzerinnen und Nutzer gerade in diesem Moment benötigen?

Der Schlüssel zu einem passgenauen Angebot liegt darin, die unterschiedlichsten Kontextinformationen zu berücksichtigen, die mit Zustimmung der betreffenden Personen einfach und automatisiert erfasst werden können, um dann passgenaue Gesundheitsinformationen und -services anzubieten (vgl. Ohne Kontext ist alles nichts). Anbieter von Kontextinformationen bilden daher die dritte relevante Akteursgruppe innerhalb des digitalen Ökosystems.

Zu den möglichen Quellen relevanter Kontextinformationen zählt beispielsweise die elektronische Patientenakte, die dem System im Rahmen einer weiterentwickelten Telematikinfrastruktur 2.0 viele wichtige Hintergrundinformationen zum situativen Informationsbedarf der Patientinnen und Patienten liefern könnte. Ebenso könnten Krankenhaus- und Praxisverwaltungssysteme, aber auch Digitale Gesundheitsanwendungen oder Fitness-Tracker als Hinweisquelle herangezogen werden.

Die Kontextinformationen liegen bereits in digitalen Systemen vor und müssten nicht mehr gesondert erfasst werden. Durch ihre Verwertung im digitalen Ökosystem entsteht mit der Personalisierung von Gesundheitsinformationen und relevanten Diensten ein unübersehbarer Patientennutzen: Die Informationslast wird spürbar reduziert, während die Qualität der angebotenen Informationen steigt. Kontextinformationen können auch genutzt werden, um Patientinnen und Patienten proaktiv zu informieren, sie an etwas zu erinnern oder um auf Präferenzen der Informationsaufbereitung individuell eingehen zu können.

Zusammenspiel auf hohem Niveau

Erst das kollaborative Zusammenspiel der unterschiedlichen Teilnehmergruppen ermöglicht ein wirklich nutzerzentriertes Angebot, das in dieser Form einzigartig wäre. Informations- und Serviceanbieter, Pfadmodellentwickler und Kontextanbieter liefern jeweils einen essenziellen Beitrag zum Funktionieren des Ökosystems. Vergleichbar mit einem Puzzle fügen sich ihre Beiträge harmonisch zusammen und ergeben erst in der Summe den eigentlichen Mehrwert.

Um das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in die Plattform wachsen zu lassen, muss sie hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden. Angesichts der Offenheit für eine große Zahl teilnehmender Akteure ist die Erfüllung dieser Ansprüche jedoch keineswegs trivial. Eine wichtige Säule des Qualitätsmanagements liegt in der bereits erwähnten Zertifizierung von Informations- und Serviceanbietern (InfoCure: Qualität sichtbar machen). Dies allein reicht aber nicht aus, denn die Qualitätssicherung muss alle Prozesse im Ökosystem berücksichtigen. Deshalb müssen auch die Pfadmodellentwickler und die Anbieter von Kontextinformationen klare Qualitäts- bzw. Qualifizierungsstandards erfüllen, die sich je nach Rolle unterscheiden.

LIV – Die leichte, individuelle und vertrauenswürdige Benutzeroberfläche

Die Synergie der teilnehmenden Akteure soll auf der nationalen Gesundheitsplattform einen signifikanten und erlebbaren Mehrwert für Patientinnen und Patienten schaffen. Auf der Produktebene gibt es vermutlich sehr viele unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen. Um ein gemeinsames Bild in den Köpfen entstehen zu lassen, haben wir entschieden, einen dieser Wege weiterzudenken und auszuformulieren: Zur Illustration unserer Produktvision haben wir ein prototypisches Design entwickelt, das zeigt, wie die nationale Gesundheitsplattform aus Sicht der Patientinnen und Patienten aussehen könnte (vgl. Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform).

Unserer Vorstellung folgend, bietet die Plattform ein exakt auf die Zielgruppe der Patientinnen und Patienten zugeschnittenes User Interface an, das als App wie auch als Webvariante angeboten werden könnte. In unserem prototypischen Entwurf haben wir dem Interface den Namen LIV gegeben – die drei Buchstaben stehen für die Begriffe „leicht“, „individuell“ und „vertrauenswürdig“. LIV ist darauf ausgerichtet, Patientinnen und Patienten bestmöglich zu unterstützen, sowohl proaktiv als auch bei einer gezielten Suche. Das zentrale Gestaltungsprinzip besteht darin, die Informationslast zu reduzieren und gleichzeitig nur Beiträge und Dienstleistungen hoher Qualität anzubieten. Die Inhalte werden daher in hohem Maße personalisiert und in Abhängigkeit von verfügbaren Kontextinformationen eingespielt.

LIV ist der Teil der nationalen Gesundheitsplattform mit der höchsten Sichtbarkeit, weil er im Fall einer Umsetzung Millionen von Menschen zur Verfügung stünde. Darüber hinaus bedarf es noch weiterer Bestandteile, um ein reibungsloses Zusammenspiel der Akteursgruppen zu ermöglichen. So müssen weitere Benutzeroberflächen für die Ökosystempartner geschaffen werden, etwa um neue Gesundheitsinformationen und -services zu registrieren oder auch um Vorlagen für Patienteninformationspfade zu erzeugen. Zudem braucht es Integrationsschnittstellen, um andere IT-Systeme zum Beispiel der Kontextanbieter anzubinden (vgl. Erste Gedanken zur technischen Struktur der nationalen Gesundheitsplattform).

Finden, verstehen, beurteilen und anwenden

Das Produktkonzept für die nationale Gesundheitsplattform verfolgt vor allem ein Ziel: Die Plattform soll den Umgang mit Gesundheitsinformationen erleichtern und die Gesundheitskompetenz fördern. Gesundheitskompetenz bildet die Summe der Fähigkeiten, die wir benötigen, um Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. In ganz Europa deutet die Studienlage darauf hin, dass die digitale Informationsflut für etwa die Hälfte der Bevölkerung eine Herausforderung darstellt. Der Kernservice der von uns konzipierten nationalen Gesundheitsplattform greift diesen Befund auf und wirkt auf allen vier Ebenen der Gesundheitskompetenz.

Finden: Nutzerinnen und Nutzer müssen nicht mehr nach passenden Informationen suchen. Stattdessen werden relevante Inhalte und Services proaktiv angeboten. Durch eine personalisierte Filterung des Informationsangebots und die Umkehr des Vermittlungsprinzips von „Push“ zu „Pull“ werden Suchbewegungen spürbar erleichtert und Irrwege im Netz erspart.

Verstehen: Das Ökosystem definiert Mindestanforderungen an die Verständlichkeit von Inhalten oder auch die Bedienbarkeit digitaler Anwendungen. Zudem lässt sich das Schwierigkeitsniveau von Texten automatisiert bestimmen. Auf der Basis von Angaben zu ihrer individuellen Gesundheitskompetenz können die Nutzerinnen und Nutzer Informationen mit einem passenden Schwierigkeitsgrad auswählen.

Beurteilen: Ein Grundsatz des Ökosystems besteht in einer qualitätsorientierten Auswahl der Anbieter von Informationen und digitalen Services. Durch die vorgesehene Zertifizierung auf nationaler Ebene werden Anbieter in regelmäßigen Abständen überprüft. Im Ergebnis entsteht ein „Vertrauensraum“ für Patientinnen und Patienten, in dem das Risiko von Fehlinformationen und Datenmissbrauch minimiert wird.

Anwenden: Informationen können nur handlungs- oder entscheidungsrelevant werden, wenn im Anschluss an den Wissenserwerb ein konkretes Planungs- oder Handlungsangebot steht. Die individuelle Zusammenstellung von Informationen und digitalen Services erleichtert es den Nutzerinnen und Nutzern, das eigene Verhalten anzupassen, gesunde Entscheidungen zu treffen und diese in die Tat umzusetzen.

Weitere Nutzungsmöglichkeiten der nationalen Gesundheitsplattform

Neben dem eigentlichen Kernservice bietet die Idee einer nationalen Gesundheitsplattform noch viele Möglichkeiten, zusätzlichen Nutzen zu erzeugen und weitere Akteure ins digitale Ökosystem einzubinden:

Distributionspartner: Die Gesundheitsinformationen und -services, die qualitätsgesichert auf der nationalen Gesundheitsplattform bereitgestellt werden, können auch über weitere Vertriebskanäle verbreitet und ausgespielt werden. Distributionspartner könnten beispielsweise andere Plattformen sein, die Gesundheitsinformationen und -services weiterverteilen. In Frage kämen auch Digitale Gesundheitsanwendungen, die kuratierte Informationen benötigen und diese dann direkt in ihre Lösungen integrieren.

Whitelabel-Lösungen: Es wäre grundsätzlich möglich, LIV als User Interface für Patientinnen und Patienten auch als sogenannte Whitelabel-Lösung zur Verfügung zu stellen. Interessierte Partner könnten die Anwendung auf diese Weise in eigene Lösungen einbinden und ihr eigenes Branding integrieren. Dies würde die Reichweite von LIV zusätzlich erhöhen.

Anonymisierte Daten für die Forschung: Auf der nationalen Gesundheitsplattform werden Daten verarbeitet, die direkten Patientennutzen erzeugen – und darüber hinaus noch weiteren Nutzen stiften könnten. Über aggregierte Auswertungen, die Bereitstellung vollständig anonymisierter Daten oder die Erzeugung synthetischer Datensätze könnte die Plattform einen wertvollen Beitrag für die Versorgungsforschung leisten.

Internationalisierung: Auch wenn die hier skizzierte Gesundheitspattform in einem nationalen Rahmen konzipiert wurde, ließe sich die Idee sehr gut international skalieren. Trotz aller Besonderheiten der einzelnen Gesundheitssysteme wären Grundsätze und Prinzipien, die unterschiedlichen Rollen und sogar die Software auf andere Länder übertragbar. Mittel- bis langfristig könnte so ein internationales Netz aus national verankerten Plattformen entstehen, die gemeinsamen Standards folgen, Erfahrungen und Daten austauschen und eine globale Infrastruktur des Vertrauens entstehen lassen.

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    Nutzenmodell für eine nationale Gesundheitsplattform

    Ein wesentlicher Erfolgsfaktor digitaler Plattformen liegt in dem Nutzen, den sie für die teilnehmenden Anbieter auf der einen und die Konsumentinnen und Konsumenten auf der anderen Seite erzeugen. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) und der Konzeptagentur Bittner & Thranberend haben wir ein Nutzenmodell für die nationale Gesundheitsplattform erarbeitet, das für alle Beteiligten Vorteile schafft.

    Anbieter von Waren und Dienstleistungen erhalten über digitale Plattformen meist Zugang zu einem großen Kundenkreis, während die Kundinnen und Kunden dort eine enorme Auswahl an Angeboten und Leistungen vorfinden (vgl. Ökosystemdesign: Nutzen für alle). Folglich wäre die Aufgabe einer nationalen Gesundheitsplattform, gesundheitsrelevante Informationen und Services zwischen Anbietern und den potenziellen Nutzerinnen und Nutzern zu vermitteln.

    Warum aber sollten Informations- und Softwareanbieter sich den Regeln und Qualitätsanforderungen einer Plattform unterwerfen? Aus welchem Grund sollten sich die traditionellen Akteure des Gesundheitssystems aktiv in das Ökosystem einbringen? Und weshalb sollten sich Patientinnen und Patienten überhaupt dafür entscheiden, eine Gesundheitsplattform zu nutzen?

    Die Antwort ist simpel: Alle müssen etwas davon haben und einen spürbaren Mehrwert erfahren. Den Ausgangspunkt aller Überlegungen zur nationalen Gesundheitsplattform bildet die Zielsetzung, den Umgang mit Gesundheitsinformationen und einschlägigen digitalen Angeboten über ein Plattformmodell zu erleichtern und qualitätsgeprüfte Angebote zu bündeln (vgl. Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform). Die Herausforderung der Nutzenmodellierung besteht nun darin, für möglichst viele Akteure einen möglichst großen Vorteil zu erzeugen und gleichzeitig Nachteile für Dritte zu vermeiden oder zu kompensieren.

    Akteursanalyse und Nutzenmodellierung

    Für das hier skizzierte Nutzenmodell wurden in mehreren Workshops konkrete Fallkonstellationen (Use Cases) aus Patientensicht formuliert und die damit assoziierten Informations- und Unterstützungsbedarfe herausgearbeitet. Anhand dieser Fallstudien wurden jene Akteursgruppen identifiziert, die neben den Nutzerinnen und Nutzern auf der Anbieterseite für den Erfolg der Plattform von Bedeutung sind. Hierzu zählen beispielsweise die Anbieter von Gesundheitsinformationen und digitalen Services. Darüber hinaus können sich auch die traditionellen Akteure des Gesundheitssystems, der Bildungssektor, Kommunen und viele weitere Player in das digitale Ökosystem einbringen und damit zu einem reichhaltigen und hochwertigen Informationsangebot beitragen.

    Mit einer Akteursanalyse wurden Interessen, Bedürfnisse und auch mögliche Abwehrhaltungen der identifizierten Gruppen erfasst und eingeordnet. Im Sinne eines möglichst ausgewogenen Nutzenmodells wurden auch die Beziehungen und Interaktionen der Akteure untereinander berücksichtigt. Dafür sind Publikationen und Presseberichte ausgewertet sowie Hintergrundgespräche und Interviews mit Repräsentantinnen und Repräsentanten der betreffenden Institutionen geführt worden. Auf dem Fundament dieser Analysen und unter Einbeziehung von Experteneinschätzungen wurden für jede einzelne Gruppe mögliche Vorteile formuliert und in einem vorläufigen Nutzenkatalog zusammengeführt.

    Das Nutzenmodell

    Im Idealfall ist das digitale Ökosystem mit der nationalen Gesundheitsplattform geeignet, für alle Beteiligten vielfältige Nutzen zu erzeugen, die sich von Akteur zu Akteur unterscheiden können. Dennoch lassen sich übergeordnete Mehrwerte beschreiben, die allen beteiligten Akteuren zugutekommen und sich in der Dreiecksbeziehung zwischen den Anbietern, den Nutzerinnen und Nutzern sowie dem Plattformbetreiber verorten lassen.

    Positionierung am Plattformmarkt

    Die traditionellen Akteure des Gesundheitssystems denken und agieren nicht wie multinationale Plattformbetreiber, da sie ganz andere Rollen und Aufgaben wahrnehmen. Vermutlich wäre keiner der Akteure allein in der Lage, ein Angebot zu etablieren, das auf dem neuen Markt der Meta-Plattformen Bestand haben kann. Das digitale Ökosystem bietet nun die strategische Option, sich gemeinschaftlich über eine bestehende technische Infrastruktur am neuen Markt der Gesundheitsplattformen zu positionieren.

    Zugang zu Datengrundlagen

    Durch die Größe der Community und die Vielzahl von Schnittstellen mit anderen Plattformen könnte auch jenseits schutzwürdiger personenbezogener Patientendaten ein einzigartiger Datenfundus entstehen, den die teilnehmenden Akteure für unterschiedliche Zwecke nutzen könnten, etwa zur Weiterentwicklung des eigenen (Informations-)Angebots, zur Versorgungsforschung oder zur Therapiesteuerung. Hier bietet insbesondere das Zusammenspiel von Daten aus vielen unterschiedlichen Quellen die Möglichkeit, neues Wissen zu generieren und für eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems zu nutzen.

    Professionelles Informationsmanagement

    Die prozesshaft angelegten Informationspfade (vgl. Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform), das hohe Maß an Personalisierung und die direkte Anbindung an die unterschiedlichen Instanzen des Gesundheitssystems lassen eine neue Informations- und Kommunikationsarchitektur entstehen, die Struktur und Orientierung schafft. In der Folge entwickelt sich ein signifikanter Nutzen für die Angehörigen der Gesundheitsberufe, denn die Plattform eröffnet die Chance, das Informations- und Kommunikationsmanagement zu optimieren sowie die Qualität und Effizienz des Informationshandelns zu erhöhen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Versorgungsprozess gezielt mit digitalen Informationen und Unterstützungsangeboten zu verknüpfen.

    Alles an einem Ort

    Mit der explosionsartigen Ausweitung digital verfügbarer Gesundheitsinformationen wird es aus Patientensicht immer schwieriger, die passende Information zu finden. Das Bild der Nadel im Heuhaufen beschreibt dieses Dilemma der Umwege und Irrwege von Informationssuchenden sehr gut. Die nationale Gesundheitsplattform hat mit ihrem marktoffenen und inklusiven Vermittlungsansatz (vgl. Staatliches Informationshandeln: Was darf der Staat?) das Potenzial, zum Dreh- und Angelpunkt der Informationsarchitektur im Gesundheitswesen zu werden und alle wichtigen Angebote an einem Ort zu bündeln. Dieser Ansatz folgt der Idee des „One-Stop-Shops“, der einen großen Mehrwert stiftet, indem er Nutzerinnen und Nutzer dabei unterstützt, sich im Dschungel der digitalen Informations- und Serviceangebote zurechtzufinden.

    Geprüfte Anbieter

    Zahlreiche Studien zeigen, dass es den Menschen in Zeiten von Desinformation und Verschwörungsmythen immer schwerer fällt, den Wahrheitsgehalt von Informationen oder die Glaubwürdigkeit von Quellen zu bewerten. Das Konzept der nationalen Gesundheitsplattform sieht für die Anbieter strenge Zugangsregeln vor, die hier wie ein Filter wirken: Anbieter müssen über eine auditbasierte Zertifizierung in regelmäßigen Abständen nachweisen, dass sie bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen (vgl. InfoCure: Qualität sichtbar machen). Auf diese Weise werden unseriöse Anbieter vom Ökosystem ausgeschlossen. Diese qualitätsbasierte Selektion der Anbieter ist ein zentraler Kernnutzen für Patientinnen und Patienten und schafft die Grundlage für ein unbezahlbares Gut: Vertrauen.

    Reduktion auf das Wesentliche

    Eine wichtige Strategie im Umgang mit der täglichen Informationsflut ist, sie zu filtern und die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu konzentrieren. Als „wesentlich“ können solche Informationen bezeichnet werden, die sich auf den individuellen Kontext beziehen und dem situativen Informationsbedarf entsprechen. Mithilfe algorithmischer Systeme lassen sich Inhalte und Serviceangebote auf der nationalen Gesundheitsplattform personalisiert und kontextsensitiv ausspielen. Durch die so entstehende individuell zugeschnittene Auswahl und Präsentation von Informationen und digitalen Dienstleistungen werden Patientinnen und Patienten – zeitlich wie kognitiv – signifikant entlastet.

    Neben diesen eher generischen Vorteilen lassen sich mit Blick auf einzelne Akteure und Akteursgruppen viele weitere nutzenstiftende Effekte beschreiben. So übernehmen gut informierte Patientinnen und Patienten mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit, sie zeigen eine höhere Therapietreue, können sich sicherer im Versorgungssystem bewegen und treffen im Alltag gesündere Entscheidungen. Die Versorgungsforschung kann von neuen Einblicken und Auswertungsmöglichkeiten profitieren. Informations- und Serviceanbieter haben die Möglichkeit, sich durch ihre Präsenz auf der Plattform mit hochwertigen Angeboten zu profilieren, können Streuverluste reduzieren und Transaktionskosten senken.

    Bei der Nutzenmodellierung ist auch zu berücksichtigen, den am Ökosystem teilnehmenden Akteuren keine Nachteile entstehen zu lassen. Unser Konzept für eine nationale Gesundheitsplattform sieht daher vor, dass der Plattformbetreiber keine eigenen Informationen und Services anbietet, sondern sich strikt auf die Rolle des Vermittlers beschränkt. Die Plattform darf die Angebote der teilnehmenden Unternehmen und Organisationen nicht abwerten oder Zugriffszahlen negativ beeinflussen. In aller Regel werden Informationen und Leistungen daher nicht auf der Plattform selbst angeboten, sodass Nutzerinnen und Nutzer die externen Seiten der Anbieter besuchen (vgl. Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform). Klare Zugangskriterien, Fairness und Transparenz sollten das Verhältnis zwischen dem Plattformbetreiber und den Anbietern bestimmen, damit in der Gesamtschau ein Netz aus Vorteilen und Mehrwerten für alle teilnehmenden Akteure entsteht.

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    Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform

    Der Kernservice der hier skizzierten nationalen Gesundheitsplattform besteht darin, personalisierte Informationspfade bereitzustellen, die dem sich wandelnden Informationsbedarf folgen und den Umgang mit Gesundheitsinformationen erheblich erleichtern könnten. Um unsere Idee zu illustrieren, haben wir ein prototypisches Design entwickelt, das zeigt, wie die nationale Gesundheitsplattform einmal aussehen könnte. Patientinnen und Patienten nutzen immer häufiger das Internet, um sich jenseits des traditionellen Gesundheitssystems zu informieren. Dabei greifen sie bislang vor allem auf die großen Suchmaschinen zurück.

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      In Nutzen investieren: Finanzierungsmodelle für Gesundheitsökosysteme

      Dr. Sebastian Krolop
      Dr. Marko Queitsch

      Die Realisierung der im Projekt „Trusted Health Ecosystems“ entworfenen Vision einer nationalen Gesundheitsplattform dürfte an vielen Stellen finanziellen Nutzen stiften und einen Beitrag zu einer wirtschaftlichen Gesundheitsversorgung leisten. Sie setzt aber auch ein nachhaltiges und unabhängiges Finanzierungsmodell voraus, das die erforderlichen Spielräume für den Aufbau, den laufenden Betrieb und die Weiterentwicklung schafft. Die Lösung liegt vermutlich in einer Kombination unterschiedlicher Finanzierungsansätze.

      Digitale Ökosysteme können im Gesundheitswesen auf vielfältige Weise Nutzen stiften: Die Vernetzung aller Akteure und die Bereitstellung digitaler Daten schaffen Transparenz und ermöglichen personalisierte Versorgungsangebote. Vollständig integrierte Gesundheitsangebote verbessern zudem das Nutzererlebnis. Nicht zuletzt erleichtern vereinfachte Abläufe und digitale Unterstützung die Arbeit des Gesundheitspersonals.

      Wie groß der finanzielle Nutzen eines digitalisierten Gesundheitswesens ist, zeigt eine Analyse von McKinsey, die das ökonomische Potenzial in Deutschland auf rund 42 Milliarden Euro pro Jahr beziffert (McKinsey & Company 2022). Digitale Ökosysteme sind hier zwar nicht der einzige Hebel, um dieses enorme Potenzial zu erschließen, doch sie könnten einen wichtigen Beitrag leisten. Zum Beispiel indem sie den Digitalisierungsprozess beschleunigen und unterschiedliche Angebote sowie digitale Services zeit- und kosteneffizient miteinander verzahnen.

      Auch die OECD geht davon aus, dass der leichtere Zugang zu hochwertigen Gesundheitsinformationen, wie ihn ein Ökosystem nach dem Vorbild der hier skizzierten Produktvision bietet, kostensparende Effekte entfalten kann. Sie schätzt, dass durch eine verbesserte Gesundheitskompetenz drei bis fünf Prozent der Ausgaben im Gesundheitswesen eingespart oder an anderer Stelle genutzt werden könnten. Das entspräche allein für Deutschland einer Summe von neun bis 15 Milliarden Euro pro Jahr.

      Entwicklung, Bereitstellung und Betrieb solcher Gesundheitsökosysteme erfordern jedoch – je nach Größe – teils erhebliche Investitionen. Auch für den laufenden Betrieb fallen Kosten an. So stellt sich die Frage, welche Finanzierungsmodelle geeignet sind, um ein derartiges Ökosystem zu schaffen und einen dauerhaften Plattformbetrieb inklusive einer laufenden Weiterentwicklung zu ermöglichen.

      Anforderungen an den Finanzierungsansatz einer nationalen Gesundheitsplattform

      Für Gesundheitsökosysteme sind unterschiedliche Finanzierungsmodelle denkbar, die wiederum eine Reihe von Vor- und Nachteilen mit sich bringen. Bei der Betrachtung dieser Optionen gilt es, die Leitplanken zu berücksichtigen, an denen sich die nationale Gesundheitsplattform orientieren soll (vgl. Eckpunkte und Prämissen):

      • Keine Gewinnorientierung: Durch den Betrieb der Plattform soll kein Gewinn erzielt werden; erwirtschaftete Einnahmen fließen stattdessen in ihre Weiterentwicklung. Dies wirkt sich auch auf die mögliche Rechtsform des Ökosystems aus (vgl. Trägerschaft: Staatlich oder privat organisiert?). Diese Vorgabe bezieht sich selbstverständlich nur auf den Plattformbetreiber. Teilnehmende Anbieter von Gesundheitsinformationen oder Services können als Teil des Ökosystems durchaus gewinnorientiert arbeiten.
      • Unabhängigkeit: Das Ökosystem soll neutral und unabhängig von den Partikularinteressen einzelner Akteure agieren. Dies gilt neben Leistungserbringern und Kostenträgern des Gesundheitswesens auch für kommerzielle Interessen privatwirtschaftlicher Unternehmen und schließt eine Reihe von Finanzierungsoptionen, etwa einen werbefinanzierten Betrieb, praktisch aus.
      • Nachhaltigkeit: Aufbau und Skalierung von Ökosystemen erfordern Zeit und sind gleichzeitig von schnelllebigen technologischen Veränderungen geprägt – entsprechend langfristig sollte die Finanzierung angelegt sein.
      • Transparenz: Da sowohl privatwirtschaftliche als auch öffentliche Akteure am digitalen Ökosystem teilnehmen und der Ökosystembetreiber in gesetzlichem Auftrag handeln würde, sollte die Finanzierung für alle transparent und nachvollziehbar sein. Dies erhöht auch das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in die Plattform.
      • Offenes System: Die nationale Gesundheitsplattform soll als offenes Ökosystem entwickelt werden, das die Anbindung verschiedener Gesundheitsanbieter erlaubt. Dafür sind entsprechende Voraussetzungen zu schaffen, was wiederum laufende Kosten erzeugt – etwa für die Entwicklung, Bereitstellung und Pflege von APIs oder anderen zentralen Komponenten.

      Unterschiedliche Finanzierungsmodelle denkbar

      Bei der Auswahl geeigneter Finanzierungsmodelle empfiehlt sich eine differenzierte Betrachtung von Aufbau, Betrieb und Weiterentwicklung der Plattform, denn es ergeben sich eine Reihe von Finanzbedarfen, für die sich wiederum unterschiedliche Formen der Finanzierung anbieten:

      Aufbaukosten. Beim Aufbau der Basisinfrastruktur fallen initiale Kosten an, beispielsweise für die technische Entwicklung der IT-Plattform, rechtliche und regulatorische Konzepte sowie für die Einbindung der ersten Gesundheitsanbieter in das Ökosystem. Für die Startphase bietet sich daher eine einmalige Grundfinanzierung an – durch Zuschüsse oder Fördermittel von Stiftungen, der öffentlichen Hand oder der „Gesellschafter“ des Ökosystems. Ein Beispiel für die staatliche Förderung der Digitalisierung ist der „National Digital Health Plan“ in Israel. Die Regierung stellt darin ein Budget von rund 300 Millionen US-Dollar bereit, unter anderem für den Aufbau einer Big-Data-Plattform mit anonymisierten Gesundheitsinformationen nahezu aller israelischen Bürgerinnen und Bürger.

      Laufende Betriebskosten. Ist das Ökosystem errichtet, müssen seine laufenden Kosten gedeckt werden, etwa für den operativen Betrieb sowie für Wartung, Software-Lizenzen, Marketing und Personal. Auch diese Ausgaben lassen sich über öffentliche Zuschüsse aus Steuer- oder Beitragsmitteln finanzieren. Ergänzend zu einer unabhängigen Grundfinanzierung könnten jedoch auch alternative Finanzierungsmodelle in Betracht gezogen werden: Neben klassischen Abo-Modellen kämen genossenschaftlich ausgerichtete Ansätze oder innovative Modelle wie etwa „Corporate Profit Sharing“ in Frage.

      • Abo-Modelle: Im Mediensektor oder Onlinehandel werden schon seit längerem Abo-Modelle angeboten. Gegen eine regelmäßige Gebühr erhalten Abonnenten Zugang zu Nachrichten, Streaming von Serien oder Musik und weiteren Vorteilen. Die Mitgliedsbeiträge könnten wesentlich zur laufenden Verbesserung der Services beitragen, bauen jedoch zugleich eine finanzielle Hürde für Nutzerinnen und Nutzer auf und erhöhen so die soziale Ungleichheit beim Zugang zu Gesundheitsinformationen. Die daraus resultierende Einschränkung der Nutzerzahlen würde zudem die Attraktivität der Plattform für Anbieter gesundheitsrelevanter Informationen und Services beeinträchtigen.
      • Genossenschaftsmodelle: Die klassische genossenschaftliche Finanzierung – bekannt von Banken, Wohnungsbau oder dem Agrarsektor – wird zunehmend in moderner Form auf den Gesundheitsbereich übertragen. Das Beispiel der französischen „Welcoop Cooperative“ zeigt, wie sich eine traditionelle Apothekergenossenschaft zu einem digitalen Ökosystem für Patientinnen und Patienten, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und die Pharmaindustrie entwickelt hat. Auch für die hier skizzierte nationale Gesundheitsplattform könnte ein solches Modell eine nachhaltige und unabhängige Finanzierungsperspektive schaffen.
      • Innovative Finanzierungsmodelle: Über Markenlizenzen oder „Corporate Profit Sharing“ werden Teile des Gewinns von Unternehmen genutzt, um Initiativen im Gesundheitswesen zu unterstützen. Die Optionen reichen von Investitionen in Forschung und Entwicklung bis zur Förderung von Programmen, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung erleichtern. Im Rahmen der nationalen Gesundheitsplattform könnten die angebundenen Unternehmen einen Teil ihres Gewinns in das Ökosystem reinvestieren. Über die Verwendung bestimmen – abhängig von der Rechtsform der Plattform – der Betreiber und die Unternehmen gemeinsam, um eine Einflussnahme auszuschließen.

      Weiterentwicklungskosten. Der Ausbau eines Ökosystems beinhaltet unter anderem die Bereitstellung zusätzlicher Services und Schnittstellen, um die Plattform für bestehende Nutzerinnen und Nutzer attraktiv zu halten und neue zu gewinnen. Die Finanzierung kann ähnlich gestaltet sein wie bei Aufbau und Betrieb (Stiftung, Genossenschaft), aber auch durch alternative Modelle ergänzt werden. Folgende Varianten sind bereits in der Praxis erprobt:

      • Gemeinnütziger Geschäftsbetrieb: Neben dem Kerngeschäft könnten weitere Geschäftsmodelle realisiert werden, die primär nicht mit der Plattform im Zusammenhang stehen. So könnte die Plattform z. B. ihren Datenzugang nutzen, um Services für Gesundheitsanbieter bereitzustellen und dann aus den Einnahmen die Weiterentwicklung der Plattform zu finanzieren.
      • Entwicklung „on demand“: Auch private Gesundheitsanbieter, die vom Ökosystem durch die Skalierung ihrer Dienste profitieren, können an der Finanzierung des Plattformausbaus beteiligt werden. Auf der Schweizer Gesundheitsplattform „Well“ beispielsweise arbeiten mehrere Ärztenetzwerke mit dem Betreiber an einem Praxis-Check-in und einem Terminbuchungssystem in der Well-App. Um nicht in Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbietern zu treten, kann sich die Entwicklungsleistung des Ökosystembetreibers auf die Plattforminfrastruktur (z. B. Schnittstellen) beschränken.
      • Transaktionsbasierte Gebühren: Alternativ ließen sich private Gesundheitsanbieter über die Nutzung ihrer Services an der Finanzierung beteiligen. So könnten sie etwa an den Betreiber des Ökosystems – ähnlich wie bei Reise- und Hotelbuchungsportalen – eine prozentuale Gebühr entrichten, sobald ein Service in Anspruch genommen wird.

      Ein weiterer aus dem E-Commerce bekannter Finanzierungsansatz sind Premium-Modelle, bei dem Nutzerinnen und Nutzer für Services zahlen, die über das Basisangebot hinausgehen. Im Gesundheitswesen allerdings bieten sie sich weniger an, da sie (wie bereits erwähnt) den allgemeinen Zugang zu Gesundheitsinformationen einschränken und so die soziale Ungleichheit verstärken können.

       

      Kreative Lösungen für eine nachhaltige Finanzierung

      Die Vision einer nationalen Gesundheitsplattform, wie sie im Projekt „Trusted Health Ecosystems“ entwickelt wird, verspricht viele Vorteile: Sie hat das Potenzial, die Gesundheitskompetenz zu fördern, personalisierte Versorgungsangebote zu schaffen und in letzter Konsequenz auch Kosten der Gesundheitsversorgung zu senken. Diesen wirtschaftlich durchaus beachtlichen Potenzialen stehen erhebliche finanzielle Herausforderungen gegenüber, denn die Finanzierung eines solchen Ökosystems erfordert nicht nur beträchtliche Investitionen für den Aufbau, sondern auch die Deckung der laufenden Betriebs- und Weiterentwicklungskosten.

      Die Höhe dieser Kosten hängt von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren ab, die sich erst im Rahmen einer Feinplanung genauer abschätzen lassen (vgl. Erste Gedanken zur technischen Struktur der nationalen Gesundheitsplattform). Die Finanzierung einer nationalen Gesundheitsplattform mit zivilgesellschaftlicher Verankerung bedarf aber in jedem Fall kreativer Lösungen, die den Finanzbedarfen der unterschiedlichen Entwicklungsphasen folgen und der Plattform angemessene finanzielle Spielräume verschaffen.

      Letztlich hängt die Wahl des Finanzierungsmodells von den spezifischen Anforderungen und Zielen der nationalen Gesundheitsplattform ab. Hierzu zählen etwa die Gemeinwohlorientierung, die Unabhängigkeit von Partikularinteressen, Nachhaltigkeit, Transparenz und die Offenheit des Systems. Ein integrativer Ansatz, der verschiedene Finanzierungsquellen miteinander kombiniert, könnte die besten Ergebnisse erzielen und die langfristige Entwicklung und Nachhaltigkeit des Ökosystems gewährleisten.

      Literatur

      Eichler K, et al. (2009). The costs of limited health literacy: a systematic review. International Journal of Public Health 54. 313–324.

      McKinsey & Company (2022). Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die 42-Milliarden-Euro-Chance für Deutschland. URL: https://www.mckinsey.de/news/presse/2022-05-24-42-mrd-euro-chance

      Ministry of Health, State of Israel (2018). The Government has approved a National Program for Promoting the Digital Health Field. URL: https://www.health.gov.il/English/News_and_Events/Spokespersons_Messages/Pages/25032018_2.aspx

      World Health Organization (‎2019)‎. Interview with Jens Spahn, Federal Minister of Health, Germany. Public health panorama 5 (‎2)‎. 163–165. WHO. Regional Office for Europe. URL: https://apps.who.int/iris/handle/10665/327036

      Autoren

      Dr. Sebastian Krolop, MD, PhD, MSc, ist Experte mit 25 Jahren Berufserfahrung als Notarzt, Ökonom, Stratege und Innovator. Seine Spezialgebiete umfassen die Transformation und Finanzierung von digitalen Technologien in internationalen Gesundheitssystemen. Er fungierte als Vorstandsmitglied der HIMSS (Healthcare Information and Management Systems Society, Chicago, IL, USA) und hatte dort die Aufsicht über Bereiche wie Strategy, Operations, Startups und die eigene digitale Ökosystemplattform „accelerate“. Zuvor war er Partner und Industry Leader Life Sciences und Health Care bei Deloitte. Sebastian Krolop ist Autor des jährlichen „Krankenhaus Rating Report“ und hat als Autor und Ko-Autor an über 40 Büchern, Schwerpunkt Finanzierung und Digitalisierung von Gesundheitsökosystemen, mitgewirkt.

      Dr. Marko Queitsch studierte Wirtschaftsingenieurswesen und promovierte zum Thema Unternehmensmanagement. Er forschte als Wirtschaftswissenschaftler zu Fragen digitaler Kommunikation im Gesundheitswesen und entwickelte in der Industrie digitale Gesundheitsportale. Als Head of Business Development konzipiert er für die Bst Gesundheit gGmbH (ehemals Weisse Liste gGmbH), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Bertelsmann Stiftung, gemeinnützige Geschäfts- und Finanzierungsmodelle. Zudem unterstützt er das Projekt „Trusted Health Ecosystems“ der Bertelsmann Stiftung in den Schwerpunktthemen Betriebs- und Trägermodell sowie Daten- und Softwarearchitektur.

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        Patientenseitiger Informationsbedarf

        Inhalt

        Die in der Analyse identifizierten Themen haben wir qualitativ ausgewertet und in Themenbereiche geclustert, die dann in insgesamt zehn Kategorien zusammengefasst wurden. Diese haben wir in einen übersichtlichen und digitalen „Themenkatalog Patienteninformationen“ eingebunden, der sich an Autorinnen und Autoren, Redaktionen und Produzenten von Patienteninformationen ebenso wie an die Anbieter von Gesundheitsportalen und digitalen Gesundheitsanwendungen richtet. 

        Der Themenkatalog Patienteninformation umfasst folgende Kategorien:


        http://www.themenkatalog-patienteninformation.de

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          Rechtliche Rahmenbedingungen -Trägerschaft und Rechtsform

          Transkript

          Intro

          Grundsätzlich ist es zwar möglich für den Aufbau und die Weiterentwicklung der nationalen Gesundheitsplattform auf einer bereits bestehenden rechtlichen Struktur aufzusetzen. Allerdings sprechen der innovative Charakter und die vielgestaltigen Aufgaben eher dafür, eine beziehungsweise vielleicht sogar mehrere neue Rechtsformen zu schaffen.

          Was ist bei der Auswahl der richtigen Rechtsform zu beachten?

          Bei der Auswahl der Rechtsform der Nationalen Gesundheitsplattform ist es wichtig zu berücksichtigen, welche Eigenschaften die Plattform ausweisen soll. Denn das Gesellschaftsrecht bietet ganz grundsätzlich unterschiedlichste Rechtsformen an, die jeweils mit bestimmten Vor- und Nachteilen verbunden sind. Wichtig dürfte es in jedem Fall sein, dass die Plattform handlungsfähig ist. Deshalb sollte lediglich eine Rechtsform gewählt werden, die eine eigene Rechtspersönlichkeit hat, also selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann.

          Dann dürfte es dem Leitbild der Plattform entsprechen, dass diese gemeinwohlorientiert ist, also im Gegensatz zu rein gewinnwirtschaftlich orientierten Vorgaben. Auch hier gibt es Rechtsformen, die diesem Leitbild eher oder weniger verpflichtet sind.

          Und schließlich, dies dürfte der wichtigste Aspekt sein, dürfte nur eine Rechtsform infrage kommen für das Vorhaben, die eine gewisse Flexibilität vermittelt. Denn voraussichtlich wird die Plattform künftig Aufgaben wahrnehmen sollen, die zum Zeitpunkt ihrer Entwicklung noch nicht fixiert sind. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass eine Rechtsform gewählt wird, unter der private wie auch staatliche Akteure zusammenwirken können.

          Welche Organisation könnte die Trägerschaft übernehmen?

          Grundsätzlich ist es zwar möglich, für den Aufbau und die Weiterentwicklung der Nationalen Gesundheitsplattform auf einer bereits bestehenden rechtlichen Struktur aufzusetzen. Allerdings sprechen der innovative Charakter und die vielgestaltigen Aufgaben, die die Plattform künftig voraussichtlich wahrnehmen soll, eher dafür, eine bzw. vielleicht sogar mehrere neue Rechtsformen zu schaffen.

          Was sind die Vor- und Nachteile einer privatrechtlichen gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Trägerschaft?

          Öffentlich-rechtliche Rechtsformen stehen prinzipiell nur staatlichen Stellen zur Verfügung. Das heißt, nicht jedermann kann eine solche Rechtsform wählen, sondern nur Stellen, die Teil des Staates sind, auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene. Öffentliche Rechtsformen genießen zwar bestimmte Privilegien, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Finanzierung oder ihren Entscheidungsfindungsprozessen.

          Andererseits gehen mit diesen Privilegien auch gewisse Kehrseiten einher. Insbesondere sind diese Rechtsformen tendenziell weniger flexibel bzw. wandlungsfähig. Dies bedeutet konkret, dass wenn solche Vorhaben neue Aufgaben wahrnehmen, dies tendenziell auch erfordert, dass ihre gesetzliche Grundlage angepasst wird. Außerdem können öffentlich-rechtliche und private Akteure nicht ohne weiteres gemeinsam unter dem Dach öffentlich-rechtlicher Rechtsformen zusammenarbeiten.

          Welche Empfehlungen ergeben sich daraus für den Organisationsrahmen einer nationalen Gesundheitsplattform?

          Bei dem Organisationsrahmen für die nationale Gesundheitsplattform sollte eine Rechtsform gewählt werden, die handlungsfähig ist, also eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweist. Öffentlich-rechtliche Rechtsformen scheinen für die Plattform weniger geeignet zu sein. Vorzugswürdig erscheinen hier eher privatwirtschaftliche Rechtsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Es ist auch denkbar, unterschiedliche Aufgaben bzw. Geschäftsfelder der nationalen Gesundheitsplattform durch unterschiedliche Gesellschaften wahrnehmen zu lassen, die dann jeweils auch unterschiedliche Rechtsformen haben können. Diese Gesellschaften können dann wiederum unter einem gemeinsamen Dach einer Holding zusammengeführt werden.

          Disclaimer

          Die in dem Interview getroffenen Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die Rechtslage in Deutschland. Sie stellen einen Leitfaden und gerade keine individuelle Rechtsberatung dar, die über das Projekt Trusted Health Ecosystems hinausgeht.

          Inhalt

          Expertin

          Prof. Dr. Laura Schulte arbeitete während ihrer Promotion an einem Lehrstuhl für Verfassungsrecht als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie promovierte zu einem datenschutzrechtlichen Thema und forschte hierzu unter anderem auch an der Queen Mary School of Law in London. Von 2020 bis 2023 war sie als Rechtsanwältin in der Kanzlei BRANDI-Rechtsanwälte am Standort Bielefeld und dort im Fachbereich IT- und Datenschutzrecht tätig. Seit August 2023 ist sie Professorin für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Bielefeld.

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          Trägerschaft: Staatlich oder privat organisiert?

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            Rechtliche Rahmenbedingungen – Staatliches Informationshandeln

            Transkript

            Intro

            Wenn man jetzt die nationale Gesundheitsplattform als zentrale Drehscheibe versteht und bei diesem Projekt staatliche Akteure mitwirken sollen, müssen auch die für staatliche Akteure geltenden rechtlichen Voraussetzungen eingehalten werden.

            Was ist staatliches Informationshandeln und was hat das mit der Idee einer nationalen Gesundheitsplattform zu tun?

            Als staatliches Informationshandeln kann man erstmal jede Form der Kommunikation von Informationen durch staatliche Akteure betrachten. Das sind zum Beispiel die Aufklärung über bestimmte Sachverhalte wie bestimmte Krankheitsbilder oder auch die Empfehlung bestimmter Verhaltensweisen etwa 10.000 Schritte am Tag zu gehen, aber auch die Warnung vor bestimmten Produkten, etwa die Einnahme bestimmter Medizinprodukte. Und dabei ist es erstmal egal von welcher staatlichen Stelle die Information ausgeht, das heißt etwa von einem Bundesministerium oder von Landesparlamenten oder aber durch eine kommunale Einrichtung.

            Warum unterliegt staatliches Informationshandeln besonderen rechtlichen Anforderungen?

            Staatliches Informationshandeln unterliegt deshalb besonderen rechtlichen Anforderungen, weil staatliche Stellen in der Regel bei ihrer Informationstätigkeit auf ganz andere Ressourcen zurückgreifen können als privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen dies können. Insbesondere genießen staatliche Stellen bei ihrer Informationstätigkeit in der Regel eine große öffentliche Aufmerksamkeit und auch eine gewisse Autorität beziehungsweise das Vertrauen von Patientinnen.

            Das bedeutet konkret, dass wenn etwa ein Bundesministerium vor dem Einsatz eines Medizinproduktes warnt, dies faktisch oftmals dem Verbot des Produktes gleich kommt, denn Bürgerinnen werden dies in der Zukunft voraussichtlich nicht mehr kaufen, wenn vor dem Produkt gewarnt wurde durch staatliche Stellen. Dies bedeutet, staatliches Informationshandeln kann faktisch extreme Einflüsse auf Marktgeschehnisse nehmen. Insbesondere kann staatliches Informationshandeln damit das Grundrecht auf Berufsfreiheit anderer Anbieter digitaler Gesundheitsangebote beeinflussen.

            Welche Empfehlungen lassen sich daraus für die Trägerschaft einer nationalen Plattform ableiten?

            Wenn und soweit staatliche Akteure an der nationalen Gesundheitsplattform partizipieren sollen, sind natürlich auch die für diese Stellen geltenden rechtlichen Anforderungen einzuhalten. Diese sind verhältnismäßig hoch. In der Regel wird es hierfür einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Selbst wenn Produktwarnungen gar nicht im Fokus des Projektes stehen, liegt es nahe, dass die Grundrechte von Anbietern digitaler Gesundheitsangebote durch ein solches Vorhaben beeinträchtigt werden könnten.

            Dies legt eine staatsferne Trägerschaft für die nationale Gesundheitsplattform nahe, beziehungsweise ein strukturoffenes Trägermodell in zivilgesellschaftlicher Verantwortung. Und dabei wäre nicht mal eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln ausgeschlossen, denn eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln bedeutet nicht zwangsläufig, dass auch das gewählte Trägermodell ein öffentlich-rechtliches sein muss.

            Disclaimer

            Die in dem Interview getroffenen Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die Rechtslage in Deutschland. Sie stellen einen Leitfaden und gerade keine individuelle Rechtsberatung dar, die über das Projekt Trusted Health Ecosystems hinausgeht.

            Inhalt

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            Staatliches Informationshandeln: Was darf der Staat?

            Bei der Entwicklung eines Trägermodells für eine nationale Gesundheitsplattform liegt es zunächst nahe, den Aufbau und Betrieb in einem öffentlich-rechtlichen Kontext zu verorten. Staatliches Informationshandeln – verstanden als jede Form der Kommunikation von Informationen, Warnungen oder Empfehlungen – unterliegt jedoch besonderen rechtlichen Anforderungen. Im Folgenden gehen wir der Frage nach, inwieweit überhaupt von staatlicher Seite Informationen zur Verfügung gestellt werden können und unter welchen Bedingungen es möglich bzw.

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              Internationale Plattform-Lösungen – Was können wir von ihnen lernen?

              Transkript

              Intro

              Wie schaffen wir Ökosysteme, die die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erhöhen? Wie schaffen wir Ökosysteme, die Prävention erleichtern?

              Wie entsteht Vertrauen in eine digitale Plattform?

              Aus meiner Sicht ist es wichtig, auch zu sagen, was macht man denn, um Vertrauen herzustellen und zu schaffen. Da denke ich, sind zwei Ansätze wichtig. Das eine ist Klarheit. Was ist denn der Zweck für Bürgerinnen und Bürger? Und zum anderen Transparenz zu schaffen.

              Ein schönes Beispiel aus meiner Sicht ist Estland. Die haben gesetzlich geregelt der Zweck, zu dem bestimmte Gesundheitsbedienstete auf Gesundheitsdaten zugreifen dürfen und wann das erlaubt ist und wann das nicht erlaubt ist. Und zum zweiten haben sie Transparenz geschaffen, indem Bürgerinnen und Bürger über das estnische Gesundheits- und Bürgerportal sich einloggen können, um zu sehen, wer auf welche Daten zugegriffen hat.

              Was braucht es noch, um eine Gesundheitsplattform attraktiv zu machen?

              Der Nutzen ist das zentrale Element. Und bei Gesundheitsplattformen und Gesundheitsökosystemen geht es oft darum, Services zu schaffen, die sowohl bei Patientinnen und Patienten und Bürgern einen Mehrwert schaffen, als auch bei den Leistungserbringern im Gesundheitswesen, sei es Krankenschwestern, Pfleger, Ärzte und Ärztinnen etc.

              Oft sind diese Services auch miteinander verknüpft, dass dann ein Service sowohl für die Bürger da ist und in dem Service sind dann auch Leistungsbringer mit dabei. Deswegen ist es zentral nutzerzentriert, diese Services zu entwickeln und diese Nutzer und Stakeholder von Anfang an einzubinden, dass man dann idealerweise einen Service schafft, der auf der einen Seite einen Nutzen für idealerweise mehrere Stakeholder hat und auf der anderen Seite auch effektiv und effizient funktioniert für die, die dann den Service erbringen müssen.

              Ein schönes Beispiel in der Hinsicht ist Dänemark. Die arbeiten sehr stark mit Nutzerpaneln und Nutzerinterviews und Surveys und der Ko-Kreation von Services mit Bürgern und Leistungserbringern zusammen, um dann am Endeffekt Service zu haben, die den Wert oder den Mehrwert für die Stakeholder haben, aber auf der anderen Seite auch effektiv und effizient gemanagt werden können, damit dann auch die Nutzerzahlen hochgehen können.

              Welche Ziele sollte eine nationale Gesundheitsplattform verfolgen?

              Die Ambition könnte sein, wie schaffen wir Ökosysteme, die die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erhöhen? Wie schaffen wir Ökosysteme, die Prävention erleichtern? Wie schaffen wir Ökosysteme, die es den Betroffenen erlauben, mit chronischen Krankheiten besser umzugehen? Und idealerweise auch, wie schaffen wir Ökosysteme, die es den Leistungserbringern und -erbringerinnen im Gesundheitswesen schaffen, mehr Zeit mit Patienten zu verbringen, weniger Zeit mit der Verwaltung? Ein wichtiges Konzept könnte das sein, offene Ökosysteme zu schaffen, indem dann in einem Ökosystem Drittanbieter ihre Services anbieten können, die dann bestimmte Qualitäts- und Transparenz- und Sicherheitskriterien erfüllen.

              In Israel hat man so ein offenes Ökosystem geschaffen. Das sind zwei interessante Bereiche. Der eine Bereich ist Gesundheitsdatenaustausch, dass dann Arzt 2 weiß, was Arzt 1 mit Patient 3 vorher gemacht hat und dadurch bessere Behandlungen und bessere Behandlungsentscheidungen treffen kann. Das andere interessante Konzept ist das Thema Drittanbieter in einem Ökosystem, wo dann zum Beispiel Start-ups oder allgemein Gesundheitsfirmen solche Services in einem Ökosystem anbieten können. Und aus Sicht eines Landes kann das dann nochmal einen richtigen Innovationsschub schaffen, indem man die Innovationskraft der Gesundheitsfirmen bündelt, ein Stück weit auch eine Plattform schafft und für die Bürger einfach zugänglich macht.

              Inhalt

              Experte

              Dr. Tobias Silberzahn ist Biochemiker und arbeitet als Partner im Berliner Büro von McKinsey. In seiner Arbeit dreht sich alles um das Thema Gesundheitsinnovation und „Health Tech Business-Building“. Zusätzlich leitet Tobias Silberzahn das globale Health Tech Network, ein Netzwerk von über 1.800 CEOs/Gründern digitaler Gesundheitsfirmen, 250 Investoren und 300 Corporates, und ist Mitherausgeber des jährlichen „eHealth Monitors“, einem Buch zur Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems im MWV-Verlag. Innerhalb von McKinsey leitet Tobias Silberzahn ein präventives Gesundheitsprogramm, das die Themen Schlaf, Ernährung, Fitness und Stressmanagement abdeckt.

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              Gesundheitsökosysteme erfolgreich etablieren – Vorbilder aus dem Ausland

              Ein Gesundheitsökosystem, wie es im Projekt „Trusted Health Ecosystems“ angestrebt wird, muss vielfältige Anforderungen erfüllen, wenn es Mehrwert im Gesundheitsbereich stiften will. Internationale Vorbilder zeigen: Ein erfolgreiches Betriebsmodell kombiniert die aktive Einbindung und Orchestrierung teilnehmender Akteure mit gemeinsamen technischen Standards. Digitale Ökosysteme haben in verschiedenen Industrien traditionelle Geschäftsmodelle verändert und dabei Wert für Kunden und Marktteilnehmer geschaffen. So vernetzen z. B.

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              In Nutzen investieren: Finanzierungsmodelle für Gesundheitsökosysteme

              Die Realisierung der im Projekt „Trusted Health Ecosystems“ entworfenen Vision einer nationalen Gesundheitsplattform dürfte an vielen Stellen finanziellen Nutzen stiften und einen Beitrag zu einer wirtschaftlichen Gesundheitsversorgung leisten. Sie setzt aber auch ein nachhaltiges und unabhängiges Finanzierungsmodell voraus, das die erforderlichen Spielräume für den Aufbau, den laufenden Betrieb und die Weiterentwicklung schafft. Die Lösung liegt vermutlich in einer Kombination unterschiedlicher Finanzierungsansätze.

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              Staatliches Informationshandeln: Was darf der Staat?

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                Desinformation im Gesundheitswesen – mit Plattformen gegen die Infodemie

                Transkript

                Intro

                Wie können wir die guten Informationen von den schlechten besser unterscheiden? Also da gibt es eine ganze große Breite an Dingen, die Plattformen machen können, um den Menschen ein bisschen die Arbeit abzunehmen.

                Woher stammen Fehl- und Falschinformationen zu Gesundheitsthemen?

                Desinformationen kommen aus sehr, sehr vielen verschiedenen Quellen. Wenn wir zurückdenken an die Pandemie, dann hat die WHO neben der Pandemie, also neben der Gesundheitskrise, auch die Infodemie ausgerufen. Das heißt, neben Corona hatten wir auch eine Informationskrise.

                Und wir erinnern uns zum Beispiel daran, dass einige Desinformationen direkt aus dem Weißen Haus zu uns kamen, wenn Donald Trump uns damals empfohlen hat, Bleichmittel gegen Corona zu trinken. Das Gleiche gab es in Brasilien mit Jair Bolsonaro. Also es gibt teilweise Regierungen, die Desinformationen verbreiten.

                Aber nicht nur. Die können aus Social Media kommen, von Menschen, die uninformiert sind, aber trotzdem ihre Meinung weiterverbreiten. Die können aus WhatsApp-Kanälen von der Familie kommen. Und sie können auch aus dem Journalismus kommen, wenn in einigen Redaktionen vielleicht nicht genügend Journalistinnen und Journalisten arbeiten, die eine Gesundheitskompetenz haben oder wo eine Wissenschaftsredaktion existiert, die eben mit klinischen Studien arbeiten kann und die eben verständlich rüberbringen kann.

                Insofern hatten wir viel Verunsicherung, gerade während der Pandemie, gerade auch in Deutschland, wenn wir uns zum Beispiel an AstraZeneca und die Debatte zum Impfstoff erinnern. Und das sorgt eben dafür, dass Bevölkerungen unter Umständen verunsichert sind und nicht gut informiert sind. Und das kann man sehr gut international sich anschauen und schauen, welche Länder waren sehr gut informiert wo gab es wenig Desinformation und wo gab es vielleicht besonders viele Desinformationen. Und welche Kriterien sorgen eben dafür, dass Kommunikationsräume stark mit Desinformationen angereichert sind oder eben vertrauenswürdige Informationen sich von A nach B verbreiten.

                Wie kann das Gesundheitssystem Desinformation effektiv begegnen?

                Ui, wo soll ich anfangen? Die Schwierigkeit beim Thema Desinformation ist, dass es ein sehr holistisches Thema ist. Das heißt, ich muss an vielen Ecken und Enden gleichzeitig ansetzen. Ich mache mal ein Beispiel. Facebook-Timeline. Ich bin jetzt auf meiner Facebook-Timeline unterwegs. Das heißt, zwei wichtige Faktoren bestimmen, ob ich einen guten Informationsraum oder einen schlechten Informationsraum habe. Und die beiden Faktoren sind einerseits der Algorithmus der Plattform und die Frage, wie funktionieren diese Algorithmen, welche Inhalte werden nach oben gespült, welche werden vielleicht besonders gefördert oder eben nach unten gerankt.

                Und die andere Seite bin ich, der Nutzer, der vor dem Bildschirm sitzt und entscheiden muss, welchen Kanälen folgt der überhaupt. Und diese beiden Parameter sind schon mal zwei sehr wichtige Parameter. Und wir wissen, dass es weder um die Algorithmen der Plattform sonderlich gut bestellt ist, noch um die Informationskompetenz der Nutzerinnen und Nutzer. Das Ganze kann aber nur funktionieren, wenn wir zum Beispiel mehr Regulierung haben, sinnvolle Vorgaben, in welchen Rahmenbedingungen diese Algorithmen überhaupt agieren dürfen.

                Wir haben am Ende eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wo eigentlich alle Teile der Gesellschaft ihren Teil dazu beitragen müssen, dass wir ein besseres und resilienteres Informationsökosystem haben. Das betrifft dann eben auch den Gesundheitssektor und die Akteure, die dort darin kommunizieren. Und die Frage, sind sie geschult genug, in Social Media beispielsweise Gesundheitsinformationen zu verbreiten? Welche Akteure spielen da vielleicht noch eine Rolle, die eher Desinformationen verbreiten? Also welche Gruppierungen gibt es, die vielleicht aus alternativ-medizinischen Teilen kommen, die dort aber eine wichtige Rolle spielen in der Verbreitung? Insofern gibt es sehr, sehr viele Dinge, die gleichzeitig passieren müssen, damit das Informationsumfeld besser wird.

                Inhalt

                Experte

                Alexander Sängerlaub ist Direktor und Co-Gründer von futur eins. Er beschäftigt sich holistisch mit digitalen Öffentlichkeiten und der Frage, wie die Utopie einer informierten Gesellschaft erreicht werden kann. Zuvor baute er im Berliner Think Tank Stiftung Neue Verantwortung den Bereich “Stärkung digitaler Öffentlichkeit” mit auf und leitete dort Projekte zu Desinformation (“Fake News”), Fact-Checking und digitaler Nachrichtenkompetenz. Er studierte Publizistik, Psychologie und Politische Kommunikation an der Freien Universität in Berlin.

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                InfoCure: Qualität sichtbar machen

                In unserer Vision einer nationalen Gesundheitsplattform geht es vor allem um Vertrauen. Das umfasst, dass die Nutzerinnen und Nutzer sich auf die Qualität der angebotenen Inhalte und Dienste absolut verlassen können. Aber wie kann diesem Anspruch in Zeiten von Desinformation und Verschwörungsmythen Rechnung getragen werden?

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                Entdecken statt suchen: Prototyp für eine nationale Gesundheitsplattform

                Der Kernservice der hier skizzierten nationalen Gesundheitsplattform besteht darin, personalisierte Informationspfade bereitzustellen, die dem sich wandelnden Informationsbedarf folgen und den Umgang mit Gesundheitsinformationen erheblich erleichtern könnten. Um unsere Idee zu illustrieren, haben wir ein prototypisches Design entwickelt, das zeigt, wie die nationale Gesundheitsplattform einmal aussehen könnte. Patientinnen und Patienten nutzen immer häufiger das Internet, um sich jenseits des traditionellen Gesundheitssystems zu informieren. Dabei greifen sie bislang vor allem auf die großen Suchmaschinen zurück.

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                  Digitale Ökosysteme – Was sind die Erfolgsfaktoren?

                  Transkript

                  Intro

                  Nur durch eine riesige Anzahl von Teilnehmenden im Ökosystem wird das Ökosystem tatsächlich so richtig attraktiv.

                  Was macht digitale Ökosysteme erfolgreich?

                  Die Erzeugung von Nutzen, Anreizen und Motivation ist gerade bei digitalen Ökosystemen besonders wichtig, weil die im Gegensatz zu klassischen Geschäftsmodellen auf mehrseitigen Märkten sich berufen. Und mehrseitige Märkte kennt man beispielsweise von Airbnb. Da haben wir natürlich Airbnb, das Unternehmen, aber wir haben auf der einen Seite eben diejenigen, die das anbieten, also private Übernachtungsmöglichkeiten-Anbieter und wir haben auf der anderen Seite diejenigen, die Konsumenten, die das dann nutzen, also Reisende, die dann diese Übernachtung auch nutzen.

                  Aber alle nehmen freiwillig an diesem Ökosystem teil. Niemand ist gezwungen. Und deswegen muss man natürlich Anreize schaffen, damit möglichst viele an diesem Ökosystem teilnehmen. Denn nur mit einer riesigen Anzahl von Teilnehmenden wird das Ökosystem auch tatsächlich so richtig attraktiv.

                  Könnten Akteure per Gesetz zur Teilnahme verpflichtet werden?

                  Bestimmte Akteure zur Teilnahme am digitalen Ökosystem zu zwingen, ist auf gar keinen Fall eine gute Idee. Denn wenn man gezwungen wird zu einer Teilnahme, und das gilt genauso für andere Geschäftsmodelle auch, dann wird man immer Mittel und Wege finden, wie man nicht so richtig teilnimmt und im schlimmsten Fall damit sogar den Betrieb des digitalen Ökosystems stört.

                  Alle erfolgreichen digitalen Ökosysteme haben genügend Anreize geschaffen, dass die Teilnehmenden dort freiwillig dabei sind. Und nur wenn die dort auch freiwillig dabei sind und selbst quasi eben genug davon haben, daran teilzunehmen, dann kann auch tatsächlich das Ökosystem von deren Teilnahme profitieren.

                  Wie lassen sich unterschiedliche Interessen aller Beteiligten zusammenbringen?

                  Die nationale Gesundheitsplattform dient vor allem Patientinnen und Patienten. Aber natürlich profitiert sie auch von der Teilnahme von anderen Gruppen. Und da ist es ganz klar, dass es immer mal wieder zu Interessenskonflikten kommt. Deswegen ist die Auflösung dieser Interessenskonflikte zwischen all diesen Teilnehmergruppen ein absolut wichtiger Bestandteil bei der ganzheitlichen Gestaltung eines digitalen Ökosystems und so auch von der nationalen Gesundheitsplattform. Nur so kann man sicherstellen, dass auch tatsächlich die Ziele für die Patientinnen und Patienten erfüllt werden, aber auch die Interessen der anderen Teilnehmergruppen gewahrt bleiben.

                  Wie könnte ein ganzheitlicher Gestaltungsprozess aussehen?

                  Die ganzheitliche Gestaltung von digitalen Ökosystemen bedeutet, dass man die Konsequenzen jeder einzelnen Entscheidung im Gestaltungsprozess auf alle Teilnehmergruppen untersucht. Und das immer aus drei Perspektiven. Welche Konsequenzen gibt es aus der Businessperspektive? Welche Konsequenzen gibt es aus der technischen Perspektive? Und welche Konsequenzen gibt es aus der rechtlichen Perspektive?

                  Das kann aber nur gelingen, wenn wir Vertreterinnen oder Vertreter aus allen Teilnehmergruppen kontinuierlich und von Anfang an im Prozess mit dabei haben. Damit wir gut mit denen kommunizieren können, nutzen wir konkrete Szenarien, Prototypen, Beispiele. Und damit wir immer die richtige Sprache finden, um mit dieser Zielgruppe eben zu sprechen. Die Kunst besteht aber darin, diese Gestaltung des Gesamtsystems auf verschiedensten Abstraktionsebenen zu kontrollieren und aber trotzdem jederzeit ein Gesamtbild zu erzeugen, das wir mit allen Teilnehmergruppen kommunizieren können.

                  Inhalt

                  Experte

                  Dr. Marcus Trapp ist Co-Founder von Full Flamingo. Gemeinsam mit seinen Partnern hilft er Unternehmen pragmatisch, die wichtigen Entscheidungen in der digitalen Transformation abzusichern. Bis 2022 Führungskraft am Fraunhofer IESE, hat Marcus Trapp das Thema „Digitale Ökosysteme und Plattformökonomie“ mit aufgebaut und verantwortet.

                   

                   

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                    Digitale Ökosysteme – Chance für das Gesundheitswesen

                    Transkript

                    Intro

                    Es bestehen die Risiken, dass internationale Player eine Dominanz im deutschen und europäischen Markt erlangen.

                    Gerade im Gesundheitswesen wäre es aber besonders wichtig, dass wir ein digitales Ökosystem aufbauen, das auf dem europäischen Wertesystem basiert.

                    Welche Chancen bietet eine nationale Gesundheitsplattform?

                    Ich glaube schon, dass wir eine nationale Gesundheitsplattform haben sollten, weil wer schon mal Informationen im Internet gesucht hat, verlässliche Gesundheitsinformationen, der weiß, dass das gar nicht so leicht ist.

                    Alle, die schon mal Gesundheitsdienstleistungen auch digital versucht haben in Anspruch zu nehmen, wissen, dass das nicht problemlos, einfach, direkt und schnell möglich ist. Und hier sind wir überzeugt, dass ein digitales Ökosystem, was eben genau diese Möglichkeiten der besseren Vermittlung, der schnelleren Abwicklung, die das zusammenbringt und ins Gesundheitswesen hier überträgt.

                    Aktuell gibt es ein solches digitales Ökosystem nicht. Wir haben hier also die einmalige Chance, eine Vorreiterposition einzunehmen, die weit über Deutschland hinaus tragen kann. Und wir haben außerdem die Chance hier, ein positives Beispiel zu setzen für ein staatlich initiiertes digitales Ökosystem, das es so in der Art noch nicht gegeben hat.

                    Was wäre, wenn unsere Gesundheitssysteme nicht aktiv werden?

                    Wenn die nationalen Gesundheitssysteme hier nicht aktiv werden, haben wir definitiv eine große Chance vertan, weil im Gesundheitswesen eben gerade noch dieser etablierte Player nicht da ist und damit hier die Möglichkeit noch besteht, das Ganze nach dem europäischen Wertesystem zu gestalten. Was natürlich trotzdem passieren wird, davon ist ganz stark auszugehen, dass die Tech-Giganten auch in dieses Feld entsprechend vordrängen. Weil es ein sehr lukratives Feld ist und was für sie auch sehr spannend ist.

                    Es reicht nicht, ein digitales Ökosystem zu etablieren, das die geforderte Funktionalität prinzipiell und irgendwie zur Verfügung stellt. Sondern wenn wir konkurrenzfähig sein wollen, dann müssen wir ein digitales Ökosystem aufbauen, das einfach zu benutzen ist, das natürlich auch nützlich ist und das man schnell und komfortabel benutzen kann. Denn nur so sind wir konkurrenzfähig und können uns gegenüber den internationalen Tech-Giganten behaupten und ihnen nicht wieder das Feld überlassen.

                    Wie haben Sie die Vision einer konkurrenzfähigen Plattform konzipiert?

                    Bei der Gestaltung der nationalen Gesundheitsplattform haben wir unser bewährtes Ökosystem-Vorgehen eingesetzt. Zusammen mit einem Team der Bertelsmann Stiftung haben wir den ganz konkreten Kern unseres hier zu konzipierenden Ökosystems herausgearbeitet. Und dieser Kern ist die Vermittlung von verlässlichen Gesundheitsinformationen.

                    Diese Vermittlung von verlässlichen Gesundheitsinformationen haben wir anhand eines ganz konkreten nachvollziehbaren Szenarios durchgespielt und mit vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus unterschiedlichsten Gruppen evaluiert, kontinuierlich, dabei natürlich immer wieder angepasst und in Formen gebracht, die wir eben gut mit diesen Gruppen diskutieren konnten. Dabei haben wir eines der größten Probleme, das wir an anderen Stellen oft beobachten, direkt vermieden, nämlich sich in einer abstrakten Wohlfühlvision mit scheinbar unendlichen Möglichkeiten und ohne Probleme zu verlieren.

                    Warum haben Sie diese konkreten Szenarios mit Spielzeug nachgestellt?

                    Ja, wir haben tatsächlich mit Playmobil-Autos und Playmobil-Figuren gearbeitet. Wir haben dabei die am Fraunhofer IESE entwickelte Tangible Ecosystem Design, kurz TED-Methode eingesetzt.

                    Und das heißt, wir haben mit der Ökosystem-Methode, mit der TED-Methode hier, wirklich das gesamte Ökosystem modelliert und haben damit Rollen im Ökosystem, Interaktionen und Beziehungen herausgearbeitet.

                    Was macht die Gestaltung einer Gesundheitsplattform besonders?

                    Ja, bei der Gestaltung der nationalen Gesundheitsplattform sind uns tatsächlich Unterschiede aufgefallen, die im Vergleich zu anderen Ökosystemen existieren, die wir in anderen Wirtschaftssektoren begleitet haben. Also erstens mal ist natürlich da die intendierte Zielgruppe der Patientinnen und Patienten, die ist maximal groß. Gesundheit ist für alle Menschen wichtig. Aber auch die Anzahl der Teilnehmergruppen ist signifikant höher, als wir das bei anderen Ökosystemen beobachten.

                    Inhalt

                    Experten

                    Dr. Matthias Naab und Dr. Marcus Trapp sind Co-Founder von Full Flamingo. Sie helfen Unternehmen pragmatisch, die wichtigen Entscheidungen in der digitalen Transformation abzusichern. Sie waren bis 2022 am Fraunhofer IESE als Führungskräfte tätig und haben das Thema „Digitale Ökosysteme und Plattformökonomie“ mit aufgebaut und verantwortet.

                     

                     

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